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13.08.2021

Warum nehme ich durch Sport kaum ab?

Warum nehme ich durch Sport kaum ab?

Symposium des Dt. Fitnesswissenschaftsrats am 9. August

Anfang August tagte der Deutsche Fitnesswissenschaftsrat zum dritten Mal online. Dabei ging es um die Themen „Effektives Abnehmen durch Sport und Ernährung“ und „Die Intentions-Verhaltens-Lücke – Wie überwinde ich den inneren Schweinehund?“. Wir waren dabei und präsentieren Ihnen die wichtigsten Erkenntnisse.

Nicht wenige Menschen entscheiden sich für Fitnesstraining, um dadurch an Gewicht zu verlieren. Aber wie groß ist der Effekt von Sport und welche Rolle spielt die Ernährung? Professor Dr. Karsten Köhler von der TU München gab einen Überblick der Zusammenhänge zwischen Sport, Ernährung und Gewichtsreduktion und widerlegte dabei auch einige Mythen.

Übergewicht ist ein zunehmendes Problem in vielen westlichen Gesellschaften wie den USA und Deutschland. Wer an Gewicht verlieren will, sollte vor allem auf die Ernährung achten. Hier ist die Formel recht simpel. Verbrennt der Mensch mehr Energie, als er durch Nahrung zu sich nimmt, verliert er an Gewicht. Zur Gewichtsreduktion muss daher entweder die Energiezufuhr gesenkt oder der Energieumsatz erhöht werden, um ein in diesem Fall gewünschtes Defizit zu erreichen.

Muskeltraining & Energiebilanz

Köhler ging dann auf den „mehrfachen“ Effekt des Muskeltrainings ein. Zum einen wird während der Übungen Energie verbrannt, aber da wären ja auch noch der After-Burn-Effekt und der steigende Energiebedarf durch eine erhöhte Muskelmasse. Jedoch sind beide Effekte eher gering. Der Nachbrennwert des Trainings beträgt drei bis fünf Prozent des Energieverbrauchs während der Einheit.

Und wie wirkt sich die Zunahme an Muskelmasse auf die Energiebilanz aus? Hier gibt es eine Erhöhung des Ruheumsatzes pro Kilogramm zusätzlicher Muskelmasse um 13 bis 27 Kalorien.

Generell gilt: für eine Gewichtsreduktion von einem Kilogramm ist eine negative Energiebilanz von 7700 Kalorien notwendig. Wer nur Fettmasse verlieren möchte, muss 9400 Kalorien zusätzlich verbrennen. Auf Nachfrage ging Köhler in diesem Zusammenhang auf Intervallfasten ein. Für ihn ist das eine gute Möglichkeit, ein Energiedefizit aufzubauen. Jedoch sei letztlich die Menge an Nahrungszufuhr entscheidend.

Effekte durch Sport langfristig sehen

Sport bzw. Training hat also für Abnehmwillige eine kleinere Rolle als gedacht, ist aber auf lange Sicht wichtig. Denn Sport trägt auch zu einem besseren Empfinden bei und schützt vor einer starken Fettzunahme durch den sogenannten Jojo-Effekt nach einer Diät. Zwischen den Geschlechtern gibt es beim Thema Gewichtsreduktion bedingt durch die Menopause und den höheren Fettanteil bei Frauen auch Unterschiede, die allerdings nicht so groß ausfallen.

Großes Potential sieht der Ernährungswissenschaftler bei der Ermittlung von Stoffwechseltypen als individuelle Ernährungsratgeber. Im Moment seien diese Analysen aber noch nicht ausgereift.


Den inneren Schweinehund überwinden

Wer kennt das Problem der fehlenden Motivation vor Sporteinheiten nicht? Prof. Dr. Chris Englert von der TU Dortmund ist das zehnte und neueste Mitglied des Rats und nahm sich als Psychologe dieses wichtigen Themas an.

Im Mittelpunkt seiner Erläuterungen stand die Intentions-Verhaltenslücke: Warum lassen wir uns vom Sport abhalten, obwohl wir es eigentlich wollen und oft auch wissen, dass es uns gut tut? Englert verwies an dieser Stelle auf die Sport-Empfehlungen der WHO, die von weniger als 50 Prozent der deutschen Bevölkerung erfüllt werden. Covid habe das Problem des Bewegungsmangels noch verstärkt.

Um die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit bzw. Intention und Verhalten besser verstehen zu können, griff der Wissenschaftler auf ein Beispiel zurück. Da wäre ein Arbeitnehmer nach einem anstrengenden Tag, der sich zwischen einem Abend vor dem TV und einer Sporteinheit entscheiden muss, bei dem also zwei Handlungsoptionen kollidieren. Die Entscheidung für das Sofa erklärte Englert mit der Willenskraft. Diese sei vergleichbar mit einer Batterie und im Tagesverlauf komme es je nach Belastung zu einer kognitiven Ermüdung, sodass man sich gegen das eigentlich bessere Zeil entscheide.

Die SMART-Methode

Um diesen Prozess zu bekämpfen, sei es wichtig, Gewohnheiten (Habits) aufzubauen. Aufgrund des langen Prozesses riet er zur Aufteilung in kleine Schritte. An dieser Stelle kam die SMART-Methode zum Einsatz. Zu Beginn am wichtigsten sei die Suche nach einer passenden Aktivität, die positive Emotionen bringe. Weitere Faktoren seien dann eine realistische Zielsetzung, soziale Unterstützung (Buddy etc.), eine Selbstverpflichtung und eine Terminierung der Aktivitäten.

Um mögliche Ausreden unfähig zu machen, seien Alternativen notwendig. Beispiel: Bei gutem Wetter gehe ich laufen. Wenn es regnet, gehe ich schwimmen.

Tipp: In Bezug auf Fitnessstudios sei es für Trainer wichtig, auf die Emotionen des Trainierenden beim Training und danach zu achten und die Pläne auf die individuellen Vorlieben abzustimmen. Denn wenn etwas auf Dauer keine positiven Emotionen bringt, lässt man es schnell bleiben.

Wer seine Motivation für regelmäßigen Sport erhalten will, sollte die Einheiten wie das Zähneputzen in den Alltag integrieren. Neben der Etablierung von Habits ist auch kognitive Erholung möglich, beispielsweise durch Meditation oder Atemtechniken.

Hier gibt es die Veranstaltung als Youtube-Video: https://www.youtube.com/watch?v=w7qgniQoNvM

Das nächste Symposium des Deutschen Fitnesswissenschaftsrats findet am 28. Oktober statt.

Philipp Hambloch


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