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02.05.2025

Was ist eigentlich ein echter Gesundheitsanbieter?

Was ist eigentlich ein echter Gesundheitsanbieter?

In welchem Verhältnis steht der Bereich Gesundheit zu dem Angebot eines Fitness-Studios? Welche Anknüpfungspunkte gibt es und was bedeutet es eigentlich, ein Gesundheitsanbieter zu sein? Andreas M. Bechler und Oliver Hofstätter mit einer Einordnung.

In Deutschland bezeichnen sich ca. 20 Millionen Menschen als gesundheitsbewusst. Die Überwachung der eigenen Gesundheit und des eigenen Verhaltens ist dabei dank Smartphone, Smartwatch und diverser Apps so einfach und so exakt wie noch nie. Gleichzeitig erweitert sich auch immer mehr der Blick auf das eigene alltägliche Verhalten und die Definition des Begriffs „Gesundheit“ per se. Lange bezieht sich „Gesundheit“ nun schon nicht mehr rein auf das körperliche Befinden.

Spätestens seit der Coronapandemie ist auch die psychische Gesundheit so präsent wie noch nie. Aber der Begriff „Gesundheitsverhalten“ lässt sich noch breiter fächern. Gesundheit ist neben der körperlichen und der mentalen Komponente auch Ernährung, Prävention und beschränkt sich nicht mehr nur auf das Private. Gesundheitsangebote ziehen sich mittlerweile durch den Alltag: Betriebliches Gesundheitsmanagement, ergonomische Arbeitsplätze, Inneneinrichtung, Farb- und auch Lichtkonzepte. Doch wo ordnet sich der Fitnessmarkt in diesem Gesundheitskontext ein?

Gesundheitsorientierte Fitness-Studios

Die deutsche Fitnessbranche ist gesundheitsorientiert. Das sagen zumindest die Fitnessanbieter selbst, wenn man sie nach ihrer Positionierung fragt. Laut den DSSV-Eckdaten 2025 nannten 41,1 % der Studios „Gesundheit“ als ihren Positionierungsschwerpunkt. Auch wenn der Wert damit zuletzt leicht gesunken ist, so bleibt er doch auf hohem Niveau und über die vergangenen sechs Jahre nahezu unverändert. Stellt man sich allerdings die Frage, was gesundheitsorientiert eigentlich bedeutet, so fallen die Antworten doch recht unterschiedlich aus. Eine einheitliche Definition, welche Leistungsmerkmale zu einem umfassend gesundheitsorientiertem Fitness-Studio gehören, um die gesamte Customer Journey eines Gesundheitsanbieters abzudecken, fehlt. Dieser Artikel soll dazu einen ersten Gedankenanstoß geben.

Um eine strukturierte Übersicht zu ermöglichen, soll dabei zwischen Kernleistungen und erweiterten Leistungen (in Teil 2) unterschieden werden. Als Kernleistungen werden jene Leistungskomponenten angesehen, die essentiell zur vollständigen Erfüllung der Customer Journey sind. Sie stellen die Basis der Dienstleistung eines gesundheitsorientierten Fitness-Studios dar. Die erweiterten Leistungen dagegen zahlen zwar auch auf die Abdeckung der Customer Journey ein, sind aber als optional anzusehen.

Abbildung: Leistungsmerkmale eines gesundheitsorientierten Fitness-Studios (Quelle: Eckdaten der deutschen Fitnesswirtschaft 2018 - 2024)Die Kernleistungen

Wie bereits erwähnt, sind die Kernleistungen essentiell zur vollständigen Erfüllung der Customer Journey. Sie setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, welche alle als gleichermaßen wichtig einzustufen sind.

Physiotherapie

Betrachtet man die Customer Journey eines Gesundheitsanbieters so wird deutlich, dass die Kundenreise häufig in der Therapie beginnt. Dement - sprechend ist eine Etablierung einer physiotherapeutischen Praxis für die erfolgreiche Darstellung als Gesundheitsanbieter unerlässlich und daher ein wesentliches Kernelement. Auch wenn sich sowohl aktive als auch passive physiotherapeutische Maßnahmen als Leistungsangebot anbieten würden, so sollte man im Sinne der Zusammenführung der Angebote im eigenen Studio die aktiven Maßnahmen bevorzugen.

Die Vorteile einer Physiotherapie liegen auf der Hand. Durch die Position am Anfang der Customer Journey lässt sich diese als Neukundenkanal nutzen, wobei die Hürde durch das in der Regel große Vertrauen in den Berufsstand Physiotherapeut hier ebenfalls recht niedrig ist. Die (in der Regel) durch die Krankenkassen übernommenen Kosten für die Behandlung sorgen abermals für eine niedrigere Hemmschwelle bei den Patienten zur Wahrnehmung des Angebots. Die hohe Nachfrage tut schlussendlich das übrige, so dass sich ein Praxisinhaber in der Regel mehr Gedanken über ausreichend Personal als ausreichend Kunden machen muss. Betrachtet man, dass auch Ketten wie Kieser Training dieses Angebot zunehmend bieten, so wird die Bedeutung dieser Vorteile nochmals deutlicher.

Trainingsfläche

Die Trainingsfläche gehört mit ihren Bestandteilen „Gerätegestütztes Krafttraining“ und „Gerätegestütztes Herz-Kreislauf-Training“ zu den wesentlichen Leistungskomponenten eines Fitnessangebots gemäß DIN 33961. Darüber hinaus können hierzu die Angebote Functional Training, Freihanteltraining und Zirkeltraining gezählt werden. Die Überführung in das selbständige Training darf als das Kernziel der gesamten Leistungserbringung eines Gesundheitsstudios betrachtet werden. Die Trainingsfläche ist der Kern der Leistungserbringung und damit auch der zentrale Umsatzbringer. Bestandteil dieser Komponente sind somit aber nicht nur die vorhandenen Geräte, sondern auch die weichen Faktoren wie das Personal und die dahinter liegenden Prozesse müssen hier hinzugezählt werden. Nur in einer konsistenten Leistungserbringung können diese Bestandteile gemeinsam das Kernelement eines Gesundheitsstudios ausmachen.

Gesundheitskurse

Neben den bereits genannten Kursvarianten Präventionskurse und Rehasport, welche durch ihren besonderen Stellenwert in Sachen Kostenübernahme durch Dritte separat betrachtet werden, sind auch weitere Kursformate wie Yoga, Rückenkurse, Pilates, Nordic Walking Indoor Cycling etc. aus einer gesundheitsfördernden Sicht auch ohne Kassenzuzahlung von Interesse.

Dabei muss allerdings immer beachtet werden, dass in solchen Formaten nochmals viel stärker der Trainer als der zentrale Motivator über Erfolg und Misserfolg entscheidet. In der heutigen Zeit kann zu den Gesundheitskursen auch das Angebot von digitalen Kursformaten gezählt werden. Hierbei sind insbesondere On-Demand- und Online-Live-Kurse zu nennen, welche möglicherweise in den Studiobetrieb aufgenommen werden könnten. Hierbei ist allerdings immer auch die Sinnhaftigkeit in Bezug auf die individuelle lokale Zielgruppe zu prüfen (Alter, Technikaffinität etc.).

Rehasport

Rehabilitationssport, oft als Rehasport bezeichnet, zielt darauf ab, Ausdauer, Kraft, Koordination und Flexibilität zu verbessern sowie das Selbstbewusstsein von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Er fördert die Aktivierung von Selbsthilfepotenzialen und motiviert zu eigenverantwortlichem Bewegungstraining. Die Rahmenvereinbarung Rehasport regelt das Abrechnungsverfahren und die Voraussetzungen zur Durchführung.

Das Angebot lässt sich in die Bereiche Orthopädie, Innere Medizin, Sensorik, Neurologie und geistige Behinderung unterteilen. Für Fitnessanlagen sind speziell die Bereiche Orthopädie und Innere Medizin von Interesse, da sie einen Großteil der Bevölkerung abdecken. Orthopädie umfasst Erkrankungen wie Wirbelsäulensyndrome und Bandscheibenvorfälle, während Innere Medizin unter anderem Lungenerkrankungen und Bluthochdruck einschließt.

Trotz variierender Abrechnungssätze und begrenzter Profitabilität bietet Rehasport Fitnessanlagen Vorteile, da die Zusammenarbeit mit Krankenkassen und Ärzten die Bekanntheit und Positionierung als Gesundheitsanbieter stärkt.

Präventionskurse

Präventionskurse, auch bekannt als §20-Kurse, basieren auf § 20 SGB V und werden von allen gesetzlichen Krankenkassen bis zu einem Höchstbetrag bezuschusst. Der GKV-Spitzenverband hat vier Handlungsfelder definiert, in denen Kurse angeboten werden können: Bewegungsgewohnheiten, Ernährung, Stress- und Ressourcenmanagement sowie Suchtmittelkonsum. Eine Mitgliedschaft im Studio ist keine Voraussetzung für die Kursteilnahme, was bedeutet, dass externe Teilnehmer keine langfristige vertragliche Bindung eingehen müssen und die Teilnahmegebühren von der Krankenkasse ganz oder teilweise er stattet bekommen. Dies senkt die Einstiegshürde erheblich und stärkt das Image des Anbieters als Gesundheitsdienstleister und offizieller Kooperationspartner der Krankenkassen.

In zweiten Teil gehen wir näher auf die erweiterten Leistungen ein.

Andreas B. Bechler und Oliver Hofstätter


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