Therapie
28.03.2024
Verletzungsprävention und Rückenwind fürs Lauftraining
Wie Yoga die Wirbelsäule stärkt
Um unsere Wirbelsäule gesund zu halten, ist es essenziell, sie regelmäßig in alle Bewegungsrichtungen zu trainieren. Im Alltag kommt zumeist nur eine leichte Vorbeuge beim Sitzen am Schreibtisch oder beim Essen und eine leichte Aufrichtung vor. Dabei ist es so wichtig, die Mobilität der Wirbelsäule inklusive eines optimalen Zusammenspiels von Muskeln und Gelenken zu erhalten.
Beginnen möchte ich mit einem kurzen Überblick zum Wunderwerk Wirbelsäule. Betrachtet man die Wirbelsäule von oben nach unten, dann kann sie in fünf Abschnitte unterteilt werden: Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule, Lendenwirbelsäule, Kreuzbein und Steißbein. Jeder dieser Abschnitte setzt sich wiederum aus einzelnen Wirbeln zusammen. Wir verfügen über: 7 Halswirbel, 12 Brustwirbel, 5 Lendenwirbel, 5 Kreuzbeinwirbel und 4-5 Steißbeinwirbel. Die Wirbelsäule ist quasi die Mitte unseres Körpers, sie hält ihn aufrecht und stabil. Zudem verbindet sie Kopf, Brustkorb, Becken, Schultern, Arme und Beine.
Dank unserer Wirbelsäule, die evolutionär betrachtet ziemlich einzigartig ist, wird der aufrechte Gang ermöglicht. Aber gerade dieser wird von uns aufgrund des häufigen Sitzens in der Arbeit und in der Freizeit generell vernachlässigt.
Wirbelsäule und Laufen
Dieses Wunderwerk der Evolution gibt uns sogar Bewegungsfreiheit in insgesamt 6 Richtungen:
- ››› Flexion (Vorbeuge)
- ››› Extension (Rückbeuge)
- ››› Seitneigung nach rechts und links
- ››› Rotation nach rechts und links.
Vor allem Läufer benötigen die Fähigkeit, Spannung in der Muskulatur aufzubauen, um die beim Laufen auf - tretenden Aufprallstöße abzufangen und die Gesamt - bewegung zu kontrollieren.
Überlastungserscheinungen der Wirbelsäule sind Entzündungen sowie Rücken- und Gelenkbeschwerden. Gerade Läufer klagen häufig über das Gefühl eines „gestauchten“ unteren Rückens. Diesen Beschwerden kann mit gezielten Übungen, insbesondere aus dem Yoga entgegengewirkt werden.
Yoga für die Wirbelsäule
Eine gute Beweglichkeit der Wirbelsäule fördert die Durchblutung und Nährstoffversorgung der Wirbelkörper und schafft Raum für die einzelnen Wirbel. Abfall - produkte werden leichter abtransportiert, gerade die Rotationsbewegungen fördern dies. Im Yogaunterricht ist oft die Anweisung zu hören: Wirbelsäule lang machen, Kreuzbein Richtung Ferse verlängern, Bauchnabel leicht nach innen und oben ziehen (stell Dir vor, Du willst eine enge Jeans zumachen), die Kopfkrone wie von Fäden gezogen gen Himmel schieben.
In dieser „neutralen“ Standposition wird im Bereich der Wirbelsäule, in den Hüftgelenken, im ganzen Körper Raum und Platz geschaffen. Von dieser Position aus kann dann die Bewegung in die sechs genannten Richtungen erfolgen.
Die 6 Bewegungsrichtungen
Vorbeugen
Eine Vorbeuge dehnt die gesamte hintere Körperhälfte, während die Muskelketten der Körpervorderseite kontrahiert werden. Die Dehnung der Körperrückseite geht von der Plantarfaszie über die Waden, die Rückseite der Beine, die ins - besondere bei Läufern häufig verkürzt sind, die großen Gesäßmuskeln, die Lendenmuskeln, den Rückenstrecker, über den Nacken bis zum Kopfansatz.
Bei einer entspannt ausgeführten Vorbeuge ziehen die Wirbel auseinander, die Bandscheiben können sich mit Flüssigkeit auffüllen und regenerieren. Zudem steigern Vorbeugen die Konzentration, entspannen den SchulterKopf-Nackenbereich, helfen den Fokus zu finden und fördern eine bewusste Ausatmung, was den Para - sym pathikus anregt und zu einer Gesamtentspannung im Kopf und im Körper führt.
Rückbeugen
Bei den Rückbeugen wird die Körpervorderseite gedehnt. Der Schulter- und Brustbereich weitet sich, das Becken bleibt neutral. Es ist darauf zu achten, bei sehr beweglicher Lendenwirbelsäule nicht ins Hohlkreuz zu gehen. Mit einer korrekt aus geführten Rückbeuge weitet sich der Brustraum, Verspannungen lösen sich und die Atmung kann sich vertiefen. Manche Läufer verspannen durch die Anstrengung so, dass sie die Schultern nach vorn ziehen, der Nacken kürzer wird, was Druck auf die Bandscheiben der Halswirbelsäule ausübt. Spannungsschmerzen im Schulter-NackenBereich sind die Folge und die Atmung „verflacht“. Mit regelmäßigem Üben von Rückbeugen kann dem entgegengewirkt werden.
Seitbeugen
Seitbeugen schaffen auch Raum in der Wirbelsäule, die Rippen werden auseinandergezogen, die Lungenareale öffnen sich, was wiederum zu einer tieferen und ökonomischeren Atmung verhilft und damit das eigene energetische Empfinden anhebt.
In der stehenden Seitbeuge werden bei gestrecktem Bein zudem die Außenseite des Schienbeins, die Adduktoren, die Lenden- und seitlichen Zwischenrippenmuskeln gedehnt. Werden zusätzlich noch die Beine über Kreuz gestellt, verstärkt sich der Dehnungseffekt. Gerade bei Läufern können Seitbeugen dazu beitragen, dass die aufgrund der einseitigen Belastung auftretenden Asymmetrien in der Wirbelsäule im Becken- und Schulterbereich ausgeglichen werden.
Trainierende haben mir beispielsweise berichtet, dass nach intensiven Seitdehnungen ihr Spannungskopfschmerz nachlässt und sie das Gefühl haben, wieder tiefer atmen zu können.
Rotationsbewegungen
So wie Vor-, Rück- und Seitbeugen können auch die Rotationsbewegungen im Yoga stehend oder sitzend ausgeführt werden. Hier gibt es sogar zusätzlich eine Variante im Liegen. Bei der Rotationsbewegung werden die Halsund Brustwirbelsäule der Lendenwirbelsäule entgegengesetzt gedreht. Rotationsbewegungen neutralisieren die zuvor ausgeführten Vor- und Rückbeugen, sie massieren Leber und Niere und entgiften. Bekannt sind sie auch unter dem Begriff „Detoxing“.
Prävention und Gesunderhaltung
Insbesondere Läufern sind Rotationsübungen nach einem Lauf zu empfehlen, weil der gestauchte untere Rücken mobilisiert und die Brustwirbelsäule sukzessive etwas beweglicher wird. Zudem werden die tiefliegenden Rücken- und Bauchmuskeln gekräftigt. Die Regeneration wird unterstützt, das Laktat schneller abgebaut.
Aus yogischer Sicht sitzen entlang der Wirbelsäule die Hauptenergiezentren, die Chakren. Ein Ziel der Yoga - stunden ist es, den Energiefluss im Körper intakt zu halten. Gerade deshalb wird im Yogaunterricht auch so viel Wert darauf gelegt, die Wirbelsäule in alle Richtungen zu bewegen.
Alle Übungen, welche die o.g. Bewegungsrichtungen der Wirbelsäule ermöglichen, dienen der Verletzungsprävention und Gesunderhaltung des Körpers. Insbesondere bei Läufern wird:
- ››› der Oberkörper verlängert
- ››› die Aufrichtung des Oberkörpers trainiert
- ››› die Bandscheiben im Hals- und Lendenwirbelbereich entlastet
- ››› die Brustwirbelsäule beweglicher ››› die Atmung effektiver
- ››› die Hüfte entlastet
- ››› die so wichtige stützende Rumpfmuskulatur trainiert und gestärkt
- ››› die Regeneration optimiert
- ››› Muskelverspannungen gelöst
- ››› der Laufstil optimiert
All dies gibt Rückenwind für ein aktivierendes, kräftigendes und spritziges Lauferlebnis für Neueinsteiger, Wiedereinsteiger und bereits begeisterte Läufer.
Sabine Tscharntke
Bild: ©Shutterstock.com_2260732267
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