Therapie

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16.10.2023

Wie viel Euro erwirtschaften Ihre Therapeuten pro Stunde?

Wie viel Euro erwirtschaften Ihre Therapeuten pro Stunde?

Die Kennzahl ‚Umsatz pro Therapiestunde‘ und mögliche Prämien

Kennzahlen sind wichtig, um die wirtschaftliche Situation Ihrer Praxis einordnen zu können. Physiotherapeuten sollten den Umsatz pro Therapiestunde im Blick haben. Im zweiten Teil werde ich näher auf diese Kennzahl eingehen und auch mögliche Prämienzahlungen für Mitarbeiter thematisieren.

Die Berechnung des kalkulatorischen Umsatzes (erbrachte Behandlungen/ für Therapie eingesetzte Stunden) sollten Sie jetzt perspektivisch für die kommenden 12 Monate so fortführen und den Mittelwert aus all diesen Zahlen ziehen. Denn in diesen 12 Monaten wird Folgendes passieren: Anja wird mal krank sein, es wird Wochen mit Feiertagen geben, Anja wird Urlaub haben und Ihre Auslastung ist aufgrund von Hitzewellen im Sommer oder Glatteis im Winter nicht wie üblich.

Beispiel-Rechnung „Umsatz pro Therapiestunde“

Lassen Sie uns doch mal folgendes Szenario erstellen: Die zuvor beschriebene Therapeutin Anja hat keinerlei Fortbildungen und erbringt in ihrer Therapiezeit nur Krankengymnastik für gesetzlich-versicherte Patienten.

Umsatz: Bei einer 20 Minuten Taktung kann sie somit dreimal KG á derzeit 26,12 Euro erbringen. Selbst wenn Sie ein starkes Praxismanagement an der Rezeption besitzen und Ihre Warteliste gut gefüllt ist, werden Sie es nicht verhindern können, dass von 100% geplanten Terminen 5% abgezogen werden müssen.

Urlaub: Wir kalkulieren an dieser Stelle mit 30 Tagen Urlaub im Jahr. Folglich müssen hierfür vom kalkulatorischen Umsatz sechs Wochen von den ursprünglichen 52 Wochen abgezogen werden, sprich 8,6% gehen verloren.

Feiertage: Außerdem gibt es Feiertage, die abzogen werden wollen. In 2023 fallen in NRW bspw. 10 Feiertage auf einen Wochentag. Somit müssen wir wieder zwei Wochen von unserer Rechnung abziehen: 3,8% fallen hiermit an.

Fehltage: Der deutsche Arbeitnehmer hatte im Jahr 2022 durchschnittlich 19 Fehltage. Wir runden an dieser Stelle der Einfachheit halber auf 20 Fehltage auf. Somit haben wir 4 Wochen, die wir noch einmal abziehen müssen, also 7,7%.

Ergebnis: Dies bedeutet, dass wir in Summe 25,1 % von unseren 78,36 Euro abziehen, um bei einem kalkulatorisch durchschnittlichen Umsatz pro Physiotherapeut pro Stunde von 58,69 Euro zu landen. Das setzen wir hier einmal als „Benchmark“. Warum kann dieser Wert in der Praxis bei Ihnen geringer ausfallen oder gegebenenfalls sogar höher?

Gründe für einen geringeren Umsatz pro Therapiestunde:

  • ››› Sie geben mehr Urlaub als 30 Tage pro Jahr
  • ››› Sie geben Sonderurlaub für Fortbildungen
  • ››› Sie haben einen überdurchschnittlichen Krankheitsstand
  • ››› Sie haben eine zu geringe tatsächliche Auslastung
  • ››› Sie haben keinen 20-Minuten Takt (bspw. 25 Min oder 30 Min für eine KG)
  • ››› Sie haben zu viele Termine, die kurzfristig abgesagt und nicht mehr gefüllt werden können
  • ››› Sie leisten überdurchschnittlich viele Heilmittel mit einem geringeren Minutensatz als die Krankengymnastik (z.B. manuelle Lymphdrainage)
  • ››› Sie haben keine gut strukturierten Hausbesuchsrouten
  • ››› Sie dokumentieren nicht innerhalb der Terminzeit, sondern in zusätzlichen „Doku-Zeiten“

Gründe für einen höheren Umsatz pro Therapiestunde:

  • ››› Ihr Therapeut erbringt höherwertige Heilmittel (z.B. manuelle Therapie, KG-ZNS)
  • ››› Sie haben PKV-Patienten mit einem höheren PKV-Satz. (z.B. 1,8-fach)

Wo liegt denn ein guter Wert?

In meiner Tätigkeit als Sachverständiger für Gesundheitsanbieter und in meiner Tätigkeit als Geschäftsführer einer Unternehmensberatung für Therapiezentren möchte ich Ihnen hier einmal einen Einblick geben, was ich bzw. wir als „Sehr gut“ (A= mehr als 70 Euro) und „Ungenügend“ (E = weniger als 55 Euro) bei der Kennzahl „Umsatz pro Therapiestunde“ betrachten. Es sei zu beachten, dass diese Werte für die Physiotherapie gelten.

Kann man mit dieser Kennzahl eine umsatzbasierte Prämie erstellen?

Natürlich kann man diese Kennzahl auch als Grundlage für eine Prämie für alle Therapeuten, das gesamte Team oder jeden Mitarbeiter individuell nutzen. Es muss jedoch ein Verständnis dafür aufgebaut werden, dass es nur dann mehr Gehalt geben werden kann, wenn das Unternehmen auch mehr Geld verdient hat.

Wie oben beschrieben kalkuliert das Unternehmen bei der Physiotherapie einen Umsatz pro angestellte Therapiestunde in Höhe von 58,69 Euro (netto). Damit sollte auch gewirtschaftet werden können, damit die Grundversorgung aller Beteiligten (Mitarbeiter, Fremddienstleister, Miete, Softwarelizenzen, Kosten für Inventar, Gehalt für Geschäftsführung, Bildung von Unternehmensrücklagen, Rendite für den/die Inhaber...) gedeckt ist.

Welches Intervall für den Bonus?

Aus der Praxis kann ich Ihnen sagen, dass sich viele Therapiepraxen für eine dreimonatliche Auswertung entscheiden. Was heißt das? Sie berechnen in den 3 Monaten den Umsatz pro Stunde wie folgt: Sie prüfen, wie viel Umsatz die von Anja erbrachten Termine [Achtung, nicht die abgerechneten Rezepte] in dieser Zeit erwirtschaftet haben und teilen diese Summe dann durch die kalkulatorischen Arbeitsstunden in der Therapie.

Bei Anja könnte das dann wie folgt aussehen: Summe aller erbrachten Leistungen 30.478,26 Euro, geteilt durch 13 Arbeitswochen, geteilt durch 35 Wochenstunden Therapiezeit: 66,99 Euro pro Therapiestunde. Anja hat in diesen drei Monaten also 8,30 Euro pro Stunde mehr erwirtschaftet, als der von Ihnen festgelegte Grundumsatz von 58,69 Euro.

Berechnung der Provision

Der Überschuss pro Stunde von 8,30 Euro könnte dann paritätisch auf das Unternehmen, die Geschäftsführung und Anja als Mitarbeiter verteilt werden. Das Unternehmen muss Rücklagen für Investitionen und schlechte Zeiten bilden, die Geschäftsführung trägt die Verantwortung für die Unternehmung und braucht ggf. private Rücklagen für die Altersvorsorge und Anja als Mitarbeiterin bekommt eine Provision. In diesem Fall sieht die Berechnung wie folgt aus: 8,30 Euro geteilt durch 3 Parteien mal 35 Wochenstunden mal 13 Wochen. Das sind dann 1.258,83 Euro, die das Unternehmen zu Gunsten Anjas austeilen darf.

Achtung: Das sollte dann jedoch das Arbeitgeberbrutto sein (Lohnnebenkosten für Arbeitgeber etwa 23% des Arbeitsentgeltes). Also hat Anja am Ende eine Arbeitnehmerbrutto-Provision für die drei Monate in Höhe von 1.023,44 Euro.

Die Kennzahl als Geschäftsindikator

Die Messung einer Kennzahl kann selbstverständlich nur eins sein: Ein Indikator dafür, ob im operativen Geschäft bzw. in der operativen Strategie Schwachstellen oder Engpässe vorliegen, die behoben werden sollten. Stellen Sie bspw. fest, dass drei von sechs ihrer Therapeutinnen am Ende des Jahres unter der magischen Grenze von 58,69 Euro landen, dann sollten Sie hinterfragen, woran es liegt. Und sie sollten dann auch versuchen, Maßnahmen zu ergreifen, damit das in Zukunft nicht mehr so ist.

Außerdem lassen sich mit den Zahlen der Gegenwart und Vergangenheit auch sehr gut die Zukunft prognostizieren. Wie verhält sich meine Rendite, wenn mein Therapeut in Elternzeit geht oder kündigt? Was für einen Spielraum für Gehaltserhöhungen habe ich?

Fazit: Zahlen als Entscheidungshilfen

Im Endeffekt habe ich Ihnen in zwei Artikeln meine Sicht der Dinge auf die Kennzahl „Umsatz pro Therapiestunde“ aufgezeigt. In einem solchen Artikel lassen sich mitnichten alle Eventualitäten, alle Details und insbesondere nicht Ihre individuelle Situation abbilden.

Trotzdem soll auch dieser Artikel Sie dahin gehend motivieren, Ihr Unternehmen genauer zu inspizieren, Zahlen als „Lektüre“ zu verstehen und Maßnahmen weniger aus dem Bauch, sondern auch unter hinzuziehen von Fakten zu fällen. Wann immer Sie Hilfe oder Unterstützung brauchen, ich bin für Sie da.

Thomas Kämmerling

 

Bild: ©Shutterstock.com_166681859


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