
Gesundheit
18.11.2024
Eine der größten Herausforderungen der Gegenwart

Der Bewegungsmangel und seine Folgen
Eine einfache und alles umfassende Lösung für das heutige Problem des Bewegungsmangels zu finden, ist nicht einfach. Trotzdem könnte man geneigt sein, bei der Suche von Lösungsansätzen, zumindest sinngemäß, dem folgenden Zitat des griechischen Gelehrten Demokrit zu folgen: „Gesundheit erflehen die Menschen von den Göttern. Dass es aber in ihrer Hand liegt, diese zu erhalten, daran denken sie nicht“.
Diese über 2.000 Jahre alte Weisheit trifft im Kern auch auf das Problem des Bewegungsmangels zu. Für körperliche Aktivitäten gibt es bis heute keinen Ersatz und Fitness, sowie hiermit zusammenhängende Gesundheitseffekte, lassen sich nicht langfristig speichern! Ausreichende Bewegung ist somit, wie frische Luft, sauberes Wasser, vernünftige Ernährung und ausreichende Erholung und Schlaf, eine naturgegebene Voraussetzung für einen gesunden Lebensstil.
Faktencheck
Innerhalb weniger Generationen haben sich, in den modernen Industriegesellschaften, nicht nur die Lebensbedingungen, sondern auch unsere Lebensgewohnheiten so stark verändert, dass die sogenannten Zivilisationserkrankungen, zu denen auch die durch Bewegungsmangel bedingten Probleme und Erkrankungen zählen, schon längst an der Spitze von Morbiditäts- und Mortalitätstatistiken stehen. Der technologische Fortschritt hat somit, zumindest in Teilbereichen, zu einem gesundheitlichen Rückschritt geführt. Die heute verbreitete Bequemlichkeit, sowie körperliche Entlastungen durch Hilfen und Maschinen, haben zweifelsfrei viele positive Aspekte, wenn aber eine bequeme Lebensweise übertrieben wird, wird der Bewegungsmangel mit seinen Folgen zu einem gigantischen Problem.
Gesundheit braucht körperliche Aktivität
Um Lösungsansätze für den heutigen Bewegungsmangel zu finden, bedarf es zunächst einmal einer allgemeinen Akzeptanz der Bedeutung von körperlichen Aktivitäten und Bewegung zur Entwicklung und Erhaltung von Fitness, Gesundheit und Wohlbefinden! Körperliche Aktivitäten, und heute muss man auch Sport und Freizeitaktivitäten hierzu zählen, sind, genau wie zu Urzeiten, ein unabdingbares Lebensprinzip. Sport ist, neben vielen anderen Freizeitaktivitäten, vor diesem Hintergrund betrachtet nicht mehr nur die schönste Nebensache der Welt, sondern durch den Wegfall vieler früherer, natürlich gegebener Bewegungsanforderungen und muskulärer Tätigkeiten, zu einer wichtigen Säule für die persönliche Gesundheitskarriere geworden.
Bewegungsmangel als Herausforderung
Folgerichtig hat die WHO bereits 1996 den Bewegungsmangel zu einer der größten Herausforderungen und Bedrohungen für die Menschen des 21. Jahrhundert erklärt. 20 Jahre später (2016) hat American Heart Association sogar die Ausdauer, gemessen an der maximalen Sauerstoffaufnahme Kapazität (VO2 Max), zu dem vielleicht wichtigsten und besten Messwert zur Beurteilung der persönlichen Gesundheitsprognose deklariert.
Die Ausdauer ist, bezogen auf Fitness, Gesundheit und Wohlbefinden nicht alles, aber entwicklungsgeschichtlich betrachtet und in Zusammenhang mit den bei Ausdaueraktivitäten entstehenden psychosomatischen Wechselwirkungen (Organstärkung, Neurogenese, Kreativität usw.), in seiner Bedeutung herausragend. Gehen und laufen sind uns quasi als natürliches Fitness- und Gesundheitsprogramm in die Wiege gelegt worden.
Bis vor wenigen Generationen sind wir täglich ca. 20 km pro Tag gegangen, heute sind es nur wenige 100 m. Dass diese Absenkung aerober Aktivitäten nicht spurlos an uns vorbeigehen kann, ist eine logische Folge. Als wissenschaftlich belegbare Beispiele für die negativen Folgen von Bewegungsmangel (insbesondere Fortbewegung!), lassen sich nicht nur Herz/Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, sondern u.a. auch psychosomatische Probleme, Adipositas, sowie die erschreckende Zahl von mittlerweile ca. 10 Millionen Altersdiabetikern, anführen.
Lösungsansätze
Bereits in der Antike wusste der griechische Philosoph und Gelehrte Heraklit, dass „Nichts so konstant ist, wie die Veränderung“. Dass wir heute anders leben als unsere Vorfahren, ist somit eine ganz natürliche Sache und im Sinne der Evolution. Durch die Industrialisierung und die hiermit zusammenhängenden veränderten Lebensbedingungen, sind zusätzliche lebensstilbeeinflussende Entwicklungen entstanden. Techno - logische Errungenschaften, Urbanisierung, Automatisierung und nicht zuletzt das Internet und die auf - kommende künstliche Intelligenz sorgen für neue Rahmenbedingungen.
Statt Muskelarbeit lassen wir heute Maschinen für uns arbeiten und obwohl wir im historischen Vergleich niemals mehr Sport und körperliche Freizeitaktivitäten betrieben haben, sind die Menschen zu keiner Zeit in der Geschichte weniger körperlich aktiv gewesen! In unserem Kampf zwischen Tun und Lassen und zwischen notwendigen Bewegungsstimmuli und Bequemlichkeit sind wir derzeitig auf der Verliererstraße!
Use it or lose it!
Um die entstandene Situation im Bewegungsbereich umkehren zu können, stehen wir nun vor einer einfachen Wahl: ‚Use it or lose it‘, oder wie es der Volksmund aus - drücken würde, ‚Wer rastet, der rostet!‘ Schließlich sei erwähnt, dass es zur Bekämpfung des Bewegungsmangels wohl nicht nur persönlicher, sondern auch einer Reihe gesellschaftlicher Veränderungen bedarf. In diesem Kontext sei erwähnt, dass bei politischen Überlegungen stets wirtschaftlichen Aspekten der Vorrang gegeben wird, weswegen es im Bewegungsbereich zukünftig eine wesentlich stärkere Gewichtung wirtschaftlicher Aspekte geben sollte.
Bei gezielten und vernünftigen Handlungskonzepten, z.B. im Kindergarten, in der Schule und im Arbeitsleben, aber auch bezogen auf Städteplanung, Transport und Verkehr, könnte nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch in vielen Teilbereichen des Lebens eine gigantische Kosteneinsparung erzielt werden. Eine wertvolle Hilfestellung, bezogen auf Diagnose und Kontrolle, könnte hierbei ein jährlicher „Gesundheits-TÜV“ (Fitness-TÜV), in Anlehnung an die seit Jahrzehnten vorliegende Verpflichtung bei unserem geliebten Auto, liefern!
Dr. Dieter Lagerstrøm
‹ Zurück