Therapie

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18.12.2023

Der sensible Stoßdämpfer

Der sensible Stoßdämpfer

Knieverletzungen, Teil 1: Der Meniskus

Kay Bartrow widmet sich in dieser Serie den häufigsten Verletzungen und blickt auf Symptome, Besonderheiten und die Behandlung. Nach dem Schultergelenk ist nun das Knie an der Reihe. Zum Start steht der Meniskus im Mittelpunkt.

Das Knie ist ein sogenanntes Kompromissgelenk. Als Mittelgelenk der unteren Extremität muss es die Gratwanderung zwischen ausreichend Mobilität und genügend Stabilität für verschiedenste Aktivitäten vom Treppensteigen, über Knien bis hin zum Leistungssport gewährleisten.

Bei diesem Vorhaben wird das Kniegelenk von den umgebenden Muskeln, der Gelenkkapsel, dem Gelenkknorpel, den Seitenbändern und den Strukturen im Kniegelenk: den Menisken und Kreuzbändern, unterstützt.

Diese Strukturen sind an allen Bewegungen des Kniegelenkes beteiligt, übertragen und verteilen Bewegungskräfte und sichern die Stabilität bei allen Aktivitäten - auch beim Sport. Dieselben Strukturen sind durch diese vielseitigen Belastungen auch anfällig für Verletzungen.

Begünstigende Faktoren für Knieverletzungen

Die Verletzungsanfälligkeit ist von mehreren Faktoren abhängig. Zu einem großen Teil bestimmen Vorschädigung und alte Verletzungen die Anfälligkeit für neue Verletzungen. Nicht jede Verletzung wird sofort bemerkt, gerade, wenn es sich noch um kleine Verletzungen, sogenannte Mikrotraumata im KapselBand-Apparat handelt. Die Summe der Verletzungen ist dann entscheidend.

Ein weiteres Kriterium sind permanente Überlastungen. Dabei können diese Überlastungen auch aus benachbarten Körpergebieten stammen, z.B. aus dem Fuß- oder Hüftkomplex.

Ein Trainingsdefizit, wie es in manchen Lebensphasen durchaus vorkommen kann, ist ebenfalls geeignet, für ein potenzielles Verletzungsrisiko zu sorgen.

Training wirkt präventiv

Regelmäßige sportliche Aktivität stärkt den Bewegungsapparat und alle daran beteiligten Bauteile wie Muskeln, Sehnen, Knochen, Nerven und Gelenke. Alle diese Strukturen werden durch einen regelmäßigen und moderaten Gebrauch an steigende Belastungen angepasst. Durch normalen Gebrauch wirken spezielle „Wachstumsreize“ auf Muskeln, Sehnen und die Knochen. Dadurch werden spezielle Anpassungsreaktionen ausgelöst, die diese Strukturen in der Konsequenz für Alltagsansprüche belastbarer, widerstandsfähiger und verletzungsresistenter machen.

Auch eine unzureichende Bewegungskontrolle, also eine unstimmige Zusammenarbeit zwischen dem Nervensystem und den Muskeln, kann Verletzungen der Knieregion begüns - tigen. Bei akutem Bewegungsmangel oder fehlender Bewegungsroutine, sind die gewohnten Funktionsabläufe zwischen Muskeln und Nerven nicht perfekt koordiniert. Daraus entstehen unökonomische Bewegungsabläufe mit resultierendem höherem Verletzungsrisiko.

So entstehen Meniskusverletzungen

Die Menisken liegen im Kniegelenk, zwischen dem Ober-, und Unterschenkel auf der Knorpelfläche und werden in einen Innenmeniskus und einen Außenmeniskus eingeteilt. Die Menis ken sind halbmondförmige Knorpelscheiben, die für eine bessere Passgenauigkeit und für Belastungsausgleich der Gelenkflächen von Ober-, und Unterschenkel im Kniegelenk sorgen.

Zudem schützen sie auch die Knorpelflächen des Kniegelenkes vor Verletzung und wirken wie ein Stoßdämpfer bei Bewegungen zur optimalen Verteilung von allen einwirkenden Kräften. Einer der häufigsten Verletzungs - mechanismen findet mit einer Kombination aus Beugung und Drehung des Kniegelenkes statt. Übersteigen die einwirkenden Kräfte die Belastbarkeit der Menisken, kann der Meniskus einreißen.

Anatomie der Menisken

Die Menisken bestehen je aus einem sogenannten Vorderhorn, dass sich an der vorderen, der Kniescheibe zugewandten Seite befindet und einem Hinterhorn. Dieses befindet sich an der Rückseite und ist der Kniekehle näher. Die Verletzungen werden nach ihrer Form „Querrisse“ oder „Korbhenkelrisse“ genannt.

Manchmal kommt es auch zu einem kompletten Abriss eines Teils des Meniskusgewebes. Hinterhorn - verletzungen werden meist durch eine verdrehte Beugebewegung des Knie gelenkes verursacht. Dabei treten die deutlichsten Symptome auch in der Kniebeugung auf. Sehr oft werden die deutlichsten Symptome durch die Bewegung ausgelöst, die dem Verletzungs - mechanismus am nächs ten kommt.

Eine Verletzung der Vorderhörner ist deutlich seltener, da das Kniegelenk in einer gestreckten Position besser vor ungünstigen Belastungen ge - schützt ist. In der Beugung bekommt das Knie eine zusätzliche Bewegungsfreiheit in die Drehbewegung des Unterschenkels hinzu. Diese nun zusätzlich mögliche Drehung bei gebeugtem Knie, ist auch häufig die gefährlichste Komponente bei den Verletzungsmechanismen für die Menisken.

Bei einer Vorderhornverletzung liegt das symptomhafte Bewegungs - potenzial eher in der Streckung des Knie gelenkes. Typische symptomatische Aktivitäten können das Treppen abwärtsgehen, schnell auf die Bremse treten beim Autofahren oder ruckartige Richtungsänderungen beim Gehen darstellen. Der Aufbau der Menisken ähnelt einer Keilform, die vom äußeren Rand des Kniegelenkes nach innen immer dünner wird.

Durchblutung und Heilung

Das äußere und dickere Drittel eines Meniskus verfügt noch über eine Durchblutung, was sich bei einer bestehenden Verletzung durchaus auch positiv auf die Heilungstendenz auswirken kann. Zur Heilung von Verletzung setzt unser Körper immer auf eine ausreichende Entzündungsreaktion im betroffenen Gewebe.

Das mittlere und das innere Drittel eines Meniskusgewebes kennzeichnen sich durch eine immer schlechter werdende Durchblutungssituation. Dieser Umstand bringt eine negative Konsequenz für die Heilungstendenz mit sich. Daraus folgt, dass Meniskusverletzungen im äußeren Drittel eine bessere Heilungschance haben, als Verletzungen im inneren Drittel. Und je kleiner die Verletzung, desto größer sind die Heilungschancen. Bei größeren Verletzungen (größer als 1 – 2 cm²) ist die Chance auf eine komplette Heilung eher nicht anzunehmen. In diesen Fällen kommt es gerne zu einer Defektheilung.

Bei geringen Symptomen auf Therapie setzen

Bei wenig intensiven Symptomen und einer ebenfalls geringen Einschränkung im Beruf- und Freizeitalltag, sollte eine nicht-operative Therapie empfohlen werden. Kleine Verletzungen haben eine durchaus gute Prognose, wenn begleitend physiotherapeutische Maßnahmen und eine angemessene Trainingstherapie in der Nachsorge durchgeführt werden.

Durch Interventionen mit Manueller Therapie können Bewegungseinschränkungen eliminiert und Schmerzen reduziert werden. Spezielle Muskel-, und Faszientechniken sorgen im weiteren Verlauf für ein elastisches und wieder dynamisch belastbares Bindegewebe. Durch gezielte Trainingstherapie wird dann die volle Belastbarkeit für Alltags-, und Sportbewegungen wieder hergestellt. Danach geht es durch die Stadien der „Return to Algorithmen“: Return to activity, Return to sport, Return to competition.

Bei größeren Verletzungen mit einem entsprechend hohen Leidensdruck (verbunden mit starken Schmerzen und einer störend großen Bewegungseinschränkung) im Alltag können manchmal auch operative Vor - gehensweisen sinnvoll sein.

Kay Bartrow

Bild: ©shutterstock_2262400243


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