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02.09.2022

Der Coca-Cola Fehler der Fitnessbranche

Der Coca-Cola Fehler der Fitnessbranche

TT-DIGI 04 22 Titelstory: Mit Marketing und Vertrieb zurück zu alter Stärke

Die Fitnessbranche hat noch immer mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Weniger Mitglieder bedeuten weniger Umsatz. Dominik Weirich rät zu einer ganzjährigen Marketingstrategie und weist auf drei Fehler hin, die Sie lieber nicht machen sollten.

Wer in schwierigen Situationen Fehler macht, kann alles verlieren. Das sollte aber nicht dazu führen, dass man aus Angst nicht handelt, wie das abwartende Kaninchen vor der Schlange. In unserem Beispiel ist die Fitnessbranche das Kaninchen, die Schlange die nun immer deutlicher werdenden Folgen der Pandemie, also vor allem Umsatzrückgang.

Aber wie kompensiert man Umsatzrückgänge? Mit mehr Umsatz! Und woher kommt der? Von mehr Mitgliedern! Mehr Mitglieder resultieren aus mehr Interessenten am Thema Training, oder? Ja! Warum sind nur etwa 11% der Deutschen Mitglied in einem Fitness-Studio? Wo liegt der Fehler?

Und warum geht der Fitnessbranche jeden Sommer aufs Neue die Puste aus, wenn es darum geht, endlich weiterzukommen? Es ist eine Notwendigkeit, dies zu verstehen. Um die Branche, die uns allen am Herzen liegt, wieder aufzubauen. Betrachten wir die Sache doch mal so, als würden wir ein Unternehmen mit dem bestmöglichen Wachstum erschaffen wollen. Ein Unternehmen mit absoluter Marktdurchdringung. Welche Fehler dürfen dabei nicht passieren?

Der Selektionsfehler

Wenn man begrenzte finanzielle Ressourcen hat, muss man sich fragen, in welche Art der Mitgliedergewinnung man investieren will. Die Antwort liegt auf der Hand: Nämlich jene Art, welche am wenigsten kostet und am meisten bringt.

Aber selbst der Bauer weiß: Nur wer etwas säht, kann auch etwas ernten. Daher sollte man stets auf alle Maßnahmen setzen, die einen Effekt erzielen. Insbesondere dann, wenn es - wie jetzt nach der Pandemie – gilt, alles was zerstört wurde, neu aufzubauen. Und ja: Print, Online und Offline – wie Promo, Weiterempfehlung und Co. – sollten dabei Hand in Hand gehen. Warum? Der Mensch, der auf Print reagiert, ist ein anderer als der, welcher online reagiert. Der ist wiederrum ein anderer als der, der auf Promo reagiert und dieser ist wiederrum ein anderer als der, der gerne Weiterempfehlungen ausspricht.

Wenn Sie also die finanziellen Möglichkeiten haben, wäre es doch sinnvoll, alle vier potenziellen Mitglieder aufzubauen anstatt nur ein oder zwei von den vieren. Jedes erfolgreiche Unternehmen beachtet den Customer Lifetime Value, also die Umsatzmenge des Mitglieds über die Dauer seiner Mitgliedschaft. Bei normaler Fluktuation sind im Folgejahr von den vier Mitgliedern noch drei an Board. Die Einnahmen, die jetzt entstehen, sind reine Zusätze und keine Kompensationen für die Werbungskosten. Mal davon abgesehen, dass vier Mitglieder bei einem guten Weiterempfehlungssystem auch wieder zwei neue Mitglieder bedeuten.

Die Budget-Formel

Aber wie haushalten bei begrenzten Ressourcen? Das Budget hinsichtlich der Interessentengenerierung muss bei 10% des Vorjahres-Bruttoumsatzes liegen. Diese Summe teilen Sie dann durch 12 und dann wissen Sie, was Sie ausgeben müssen, um zu wachsen. Unzählige Studien zeigen, dass geringes Wachstum mit zu wenig Budget im Bereich Marketing & Vertrieb zusammenhängt. Eben wie beim Bauer, der zu wenig Samen für die kommende Saison eingekauft hat. Das wird er spätestens bei der nächsten Ernte schmerzhaft merken.

Der Konsumfehler

Es gibt einen Unterschied zwischen Konsumieren und Investieren. Beim Konsumieren wird ein Gut, welches man einkauft, verbraucht. Am Ende ist es wertlos bzw. komplett aufgebraucht. Beim Investieren wird ein Gut, welches man einkauft, zwar unter Umständen genutzt, aber es gewinnt im besten Fall trotz und sogar durch die Nutzung an Wert. Nun leben wir in einer Konsumgesellschaft, denn Konsumieren ist angenehmer als Investieren. Wenn man z.B. ein iPhone kauft, so konsumiert man und das Kauferlebnis ist mit Freude verbunden.

Ein Training dagegen kostet Geld und ist anstrengend. Auf lange Sicht investiert das Mitglied jedoch in die eigene Gesundheit. Der Wert der Anstrengungen: Zum Beispiel das Selbstwertgefühl, das geringere Risiko zu erkranken und im besten Fall wird die Lebenszeit verlängert und nicht nur verlängert, sondern auch lebenswert erhalten.

Mut zu Investitionen

Und genau so muss man auch Maßnahmen bewerten, die man in Unternehmen angeht. Investiere ich jetzt in Neumitglieder oder kaufe ich zum zehnten Mal in einem Jahr eine neue Lounge-Couch, damit die Mitglieder, die ohnehin schon bei einem trainieren, noch länger verweilen? Natürlich muss man hier auch die Bestandskunden pflegen, dennoch gilt es gewissenhaft abzuwägen, ob man nun wirklich eine neue Couch braucht.

Auch hier ist klar, warum dieser Fehler häufig begangen wird: Man konsumiert eine Couch. Man bezahlt und sie ist da und im besten Falle schön anzusehen und bequem. Bei einer Investition in neue Interessenten läuft man hingegen Gefahr, dass man Menschen vor sich stehen hat, mit denen man nicht zurechtkommt. Die einen vielleicht mit der Preisfrage nerven, Termine absagen oder nicht wahrnehmen oder einem in einer anderen Art und Weise auf den Geist gehen. Fakt ist aber: Nur diese Menschen – seien sie noch so nervig – zahlen die Rechnungen. Eben auch die Rechnungen für nett anzusehende Konsumgüter wie die Couch im Loungebereich, von denen dann auch die Bestandsmitglieder profitieren.

Das Bauchgefühl

Hier gilt es also genau zu prüfen: „Investiere ich oder konsumiere ich?“ Und das erkennt man am Bauchgefühl. Fühlt es sich angenehm an, dann konsumiert man in aller Regel. Fühlt man hingegen, dass es arbeitsreich werden könnte, so investiert man. Und genau weil das so ist, passiert dieser Fehler mit fatalen Folgen für das eigene Wachstum nur all zu oft. Lassen Sie sich also nicht von schmeichelhaften Versprechungen ködern, Sie müssten nur dieses oder jenes Produkt kaufen und schon rennen ihnen die Leute die Bude ein. Diese Menschen sind nur an ihrem Besten interessiert: Ihrem Geld.

Der Coca-Cola Fehler

Und hier sind wir beim größten Fehler, den die Fitnessbranche von Jahr zu Jahr macht: Die Sommerpause verhindert höhere Wachstumsraten. Klar ist die ohnehin schon geringe Lust am Training der Bevölkerung bei Temperaturen über 30° noch geringer. Viele machen dann „Sommerpause“ und fahren insbesondere die Marketing- & Vertriebsmaßnahmen stark herunter.

Um zu verstehen, was daran fatal ist, nehmen wir das Beispiel Coca-Cola. Die Marke hatte in den Anfängen häufig in den kälteren Monaten zu leiden. Nachvollziehbar, denn es wird ja empfohlen „Am besten kalt genießen“. Auf der anderen Seite steht der Slogan, mit dem das Problem gelöst wurde, und zwar „Always Coca-Cola“. Also immer, egal zu welcher Jahreszeit: Coca-Cola. Marketing und Vertrieb mussten dazu zweierlei tun. Auf der einen Seite eine auffällige Flasche und Dose zaubern. Das fiel damals leicht: Rot wie das Stoppschild sollte sie werden. Auf der anderen Seite musste man sicherstellen, dass das Stoppschild immer zu sehen ist.

Hohe und dauerhafte Markenpräsenz

Dazu hat sich der Vertrieb das Kommissionsgeschäft einfallen lassen. Also der Kiosk, die Bar oder das Restaurant hatten Coca-Cola wie selbstverständlich in der Auslage. Logisch, denn es ist gut, volle Regale zu haben. Der Betreiber hingegen musste nur das zahlen, was auch wirklich verkauft wurde. Zu was hat das geführt? Genau: Coca-Cola war ständig im Blick des gesamten Marktes. Egal, ob am Kiosk, in einer Bar oder wo auch immer es was zu trinken gab.

Coca-Cola wäre nie auf die Idee gekommen, ihr Sortiment im Winter aus den Regalen nehmen zu lassen. Ganz im Gegenteil wurden hier die Marketingaktivitäten erhöht zum Beispiel durch den Coca-Cola Weihnachtstruck in aller Herren Länder. Clever: Wenn weniger Leute geneigt sind zu kaufen, muss man was tun? Mehr! Und eben nicht weniger. Die erfolgreichsten Unternehmen auf dieser Welt wissen das. Ganze Branchen, welche auch ein politisches Gewicht haben, wissen es.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Aber beim Thema Training geht einer gesamten Branche im herausforderndsten Zeitraum die Puste aus. Jeder Betreiber reduziert im Sommer die Aktivitäten drastisch. Was ist die Folge? Aus den Augen, aus dem Sinn! Und im Herbst und Winter darf man dann wieder fast bei null anfangen, weil der Markt die Botschaft vergessen oder gekonnt verdrängt hat. Na, dann Prost! ‹‹‹

Dominik Weirich


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