Therapie

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24.03.2023

Weil wir wissen, wie es NICHT funktioniert

Weil wir wissen, wie es NICHT funktioniert

Praxisbeispiel Physiotherapie & Skisport

Im s‘Physiohüs im Wintersportparadies Oberstdorf ist es nicht damit getan, auf der Behandlungsliege Platz zu nehmen. Denn hier geht nichts ohne aktive Bewegung. Das gilt für die jungen Skitalente, die dort ihr wöchentliches Bewegungstraining absolvieren, aber auch für die anderen Patienten bzw. Kunden.

"Natürlich finden auch bei uns in der Praxis je nach Behandlungsbild passive therapeutische Maßnahmen statt, aber grundsätzlich verstehen wir uns stets als Coaches unserer Patienten. Ohne Bewegung geht es daher bei uns nicht,“ bringt es Bastian Eckers auf den Punkt. Mit dem erklärten Ziel, für die Patienten bestmögliche Ergebnisse zu erreichen.

Seine Frau Caroline, mit der er die Praxis gemeinsam leitet, hat am eigenen Leibe erfahren müssen, wie schwierig es wird, wenn die Rehabilitation und Regenation nicht optimal läuft. Aufgrund von Verletzungen hatte sie ihre erfolgreiche Skikarriere nach der Teilnahme am Europacup (Disziplin Alpin) aufgeben müssen.

„Für mich die größte Motivation, diesen Beruf zu ergreifen! Mit unserem Team wollen wir den Patienten und Sportlern dabei helfen, dass das für sie besser funktioniert.“ Bastian, selbst Langläufer, erinnert sich: „Früher hieß es meistens, wenn du wieder fit bist, dann meldest du dich und wir machen mit dem Training weiter. Im Deutschen Skiverband (DSV) hat sich das glücklicherweise verändert, aber in vielen anderen Sportarten läuft das noch immer so.“

Von der Motivation zum Konzept

Im Alltag eines Leistungssportlers lassen sich Verletzungen z.B. durch Stürze nur bedingt verhindern. Was man aber beeinflussen kann, sind Überlastungsschäden. Insbesondere im Bereich des unteren Rückens bauen sich bei den meisten Athleten über die Jahre Überlastungen (atraumatische Schadensbilder) auf.

In Zusammenarbeit mit dem DSV haben Caroline und Bastian Eckers daher ein Konzept für Athleten ab 16 Jahren an den Start gebracht, das ein wöchentliches Beweglichkeitstraining mit präventivem Charakter beinhaltet. Die Sportler werden zu Jahresbeginn nach einem spezifischen Testverfahren gescreent. Dabei zeigen sich auch zahlreiche Überschneidungen mit den alltäglichen Belastungen, denen auch andere Patienten ausgesetzt sind.

Weil die Sportler fortlaufend sitzen

Wenn die jungen Athleten in die Praxis kommen, ist auch ihr Alltag oft geprägt durch dauerhaftes sitzen z.B. in der Schule oder am Ausbildungsplatz. Hinzu kommen stundenlange Fahren zum Training bzw. Wettkampf (sitzen, sitzen und nochmal sitzen). Auf kurze Leistungsspitzen vor Ort (i.d.R. nur wenige Minuten) folgt rundherum wieder v.a. eines: sitzen.

„Wir sehen Fehlhaltungen und Beschwerdebilder wie auch bei anderen Patienten, die beruflich zu viel sitzen: von Rundrücken bis Hüftverkürzungen. Zusätzlich befinden sich Skifahrer aber auch bei der Ausübung seines Sports fortlaufend in einer „sitzenden“ Position,“ so Bastian. Und Caroline ergänzt: „Was wir nicht verhindern können, ist dass der Leistungssport auf Dauer zu Überlastungen und auch zu Verletzungen führt, aber was wir verhindern können, ist, dass es aufgrund von Bewegungseinschränkungen zusätzlich zu arthrotischen Veränderungen und Schäden kommt. Starke Schmerzen im Rücken bspw., weil die jungen Menschen gar nicht mehr in der Lage sind, sich korrekt zu bewegen. Das Verletzungsrisiko steigt dann weiter. Insbesondere, da der Körper der Athleten durch den technischen Fortschritt beim Material immer stärker gefordert ist.“

Einblicke ins Testing

Die Bewegungsanalyse (u.a. mit einem Krafttest an der Beinpresse und dem Functional Movement Screen) wird in der Praxis mit allen DSV-Athleten aus dem Allgäu durchgeführt: ab einem Alter von 16 Jahren und bis hin zu den Weltcupathleten.

Für Spitzensportler sind das Messwerte, die z.B. nach einem Kreuzbandriss als Zielwert anvisiert werden können. Bei einem Jungathleten, der nach einem Jahr die gleichen Werte erreicht, wird so klar, dass etwas nicht optimal gelaufen ist. Denn er müsste sich in dieser Zeit altersgerecht weiterentwickeln.

Zielsetzung ist also neben dem Identifizieren von Schwachstellen auch die Unterstützung der sportlichen Entwicklung. Das Testing wird mittels App ausgewertet, die Ergebnisse gehen an Athleten und Trainer. Eine Auswertung nach Ampelsystem zeigt, wo man direkt ansetzen kann.

Transfer in den Praxisalltag

Ihre Erfahrungen aus dieser Arbeit nehmen die beiden auch mit in die Betreuung ihrer Patienten in der Praxis, deswegen gilt auch hier: Ohne Bewegung geht es nicht! So sind beispielsweise alle Physiotherapeuten auch selbst in das Training involviert, beispielsweise wenn es um das einmal wöchentlich stattfinde Bewegungstraining in einem Altersheim geht.

Bastian würde das jetzt so auf den Punkt bringen: „Sitzen ist eben gerade nicht das neue Rauchen! Einen gleichwertigen Ausgleich zum gesundheitsschädigenden Nikotinkonsum gibt es nicht, aber jeder Mensch kann mit Bewegung etwas dafür tun, dass es ihm besser geht. Und das gilt für alle Patienten: vom jungen Spitzensportler bis zum „Alltagsathleten“, der z.B. unter Rückeschmerzen oder Knieproblemen leidet.“

Sabine Mack


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