Ernährung & Gesundheit

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17.04.2023

Schmerz lass nach

Schmerz lass nach

Ernährung als Stellschraube bei Schmerzen

Die „richtigen“ Fettsäuren sollen helfen, Schmerzen zu lindern und Nahrungsergänzungen mit Cannabis gelten als Wunderwaffe. Was ist dran? Was bietet in der Praxis echtes Potenzial?

Therapeutische Maßnahmen wie manuelle Therapie und Krankengymnastik können schmerzgeplagten Patienten wertvolle Linderung verschaffen. Oft entwickelt sich aber über die Jahre ein wiederkehrendes Schmerzbild.

So sehr es finanziell zu begrüßen ist, wenn Patienten wiederkommen, wird es spätestens mit der Chronifizierung problematisch: Denn andauernder Schmerz führt zu körperlichem Schonverhalten. Je länger die körperliche Belastung auf Patientenseite dauert, desto geringer sind Motivation und Behandlungstreue.

Physiotherapeuten, die mit Sportlern arbeiten, kennen die Bedeutung der Ernährung für die Verbesserung von körperlicher und geistiger Leistung. Eine Ernährungsanpassung kann aber auch Patienten mit Schmerzproblematik helfen.

Wunderwaffe oder Marketing?

Glaubt man der Werbung, sind Nahrungsergänzungen mit Cannabinoid bzw. Cannabidiol bzw. CBD gut gegen Schlafprobleme, reduzieren Schmerzen und scheinen von der Haut bis zur Stimmungslage für fast alles gut zu sein.

Bewiesen ist davon wenig bis nichts. Gleichzeitig stuft eine Untersuchung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes von 129 Hanf- und CBD-Produkten fast die Hälfte wegen ihres THC-Gehalts als unsicher ein. Bis sich die Studienlage ändert, hier also leider ein eher enttäuschtes Fazit.

Entzündungsprozesse wirkungsvoll auflösen

Betrachtet man das Ganze von der wissenschaftlich erwiesenen Seite, wird klar: Ein entscheidender Moment im Schmerzgeschehen ist die Entzündungsauflösung, die durch bestimmte Botenstoffe verbessert werden kann. Denn nicht selten beginnt eine dauerhafte Schmerzproblematik mit muskuloskelettalen Schädigungen.

Bezogen auf die Ernährung kommen dann die sogenannten Resolvine ins Spiel. Sie fördern die Gewebereparatur sowie -regeneration und unterstützen die Entzündungsausheilung. Resolvine werden aus mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren synthetisiert, die z.B. in Meeresöl vorhanden sind. Gebildet werden diese Lipidmediatoren während der Auflösungsphase einer akuten Entzündung. Sie beenden nicht nur die Entzündung, sie können auch Schmerzen lindern. Empfehlenswert ist ein Verhältnis Omega-3 zu Omega-6 von 5:1.

Ansatzpunkte z.B.: schlechte Omega 3-Zufuhr (allergiebedingt; vegan), erhöhte Omega 6-Zufuhr (viele Fertigprodukte), schlechte Nährstoffaufnahme (Darm MagenDarm-Störungen / Antibiotika)

Datenautobahn der Schmerzen

Die „Darm-Hirn-Achse“ steht für die Wechselwirkungen zwischen Verdauungstrakt und zentralem Nervensystem. Untersuchungen haben z.B. gezeigt, dass Migräne mit einigen Erkrankungen des Magendarmtraktes wie Helicobacter-Infektion oder Reizdarmsyndrom assoziiert ist. Hilfreich kann eine Umstellung auf eine Ernährung mit weniger Kohlenhydraten (KH) sein. Über eine Verbesserung des Energiestoffwechsels und eine bessere Serotonin-Verwertung soll die Neuinflammation unterdrückt und in die schmerauslösende Entzündung eingegriffen werden. Die empfohlenen tägliche KH-Menge schwankt zwischen 10 – 20 g (Atkins), 20 – 50 g (Keto) und 60–130 g KH (moderat low-carb).

Ansatzpunkte z.B.: hoher Anteil an KH (viele Getreideprodukte – z.B. bei Veganern/Vegetariern; häufiger Genuss von Smoothies – auch Fruchtzucker wird zu Kohlenhydraten abgebaut)

Bewegung, Bewegung, Bewegung…

Übergewicht ist nicht nur eine erhebliche Belastung für Kreislauf und Gelenke, sondern auch für die Haut und die dortigen Schmerzrezeptoren. Auch unterliegen Übergewichtige häufiger Hormonschwankungen, die Schmerzen verstärken können. Hier spielt u.a. das Hormon Östrogen eine Rolle, das in hoher Konzentration zu Entzündungen und Schwellungen führen kann, Nervenschmerzen und schmerzhafte Gelenkschäden gehören zu möglichen Folgen.

Mit Schmerzen in Rücken oder Armen/Beinen gehen in vielen Fällen auch muskuläre Dysbalancen einher, z.B. durch einseitige körperliche Belastung. Neben einer therapeutischen Mobilisierung der betroffenen Strukturen ist muskuläres Aufbautraining essenziell.

Dann sollte man auch eine ausreichende Proteinversorgung (mindestens 0,8 –1 g/kg Körpergewicht) im Blick haben. Supplements wie Kreatin können einen Kraftaufbau bei guter Regeneration unterstützen. Da auch kognitive Verbesserungen diskutiert werden, ist Kreatin gerade für Personen über 60 interessant. Nicht zu vergessen: Der altersbedingte Muskelabbau beginnt bereits mit Mitte 30, daher profitieren Patienten fast jeden Alters von Muskelaufbau. Ansatzpunkte z.B.: einseitige körperliche Belastung bzw. Bewegungsmangel, Übergewicht/Diabetes Typ 2

Praxistipp: Scheitert die individuelle Ernährungsberatung an den personellen und fachlichen Kapazitäten, stärken Seminare/Workshops rund um das Thema „Schmerz und Ernährung“ das Image als qualitativer Gesundheitsanbieter und bringen Kundengruppen mit wirtschaftlichem Potenzial in die Praxis.

Sabine Mack

Bild: © shutterstock.com_271646879


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