Digitalisierung

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23.06.2022

Reha-Fortschritte in der virtuellen Welt

Reha-Fortschritte in der virtuellen Welt

Das VR-System CUREO im Therapiealltag der Segeberger Kliniken

Digitale Tools können nicht nur den Verwaltungsalltag in der Physio- und Ergotherapie erleichtern. Auch die Therapie mit dem Patienten kann dadurch auf ein neues Niveau gebracht werden, beispielsweise durch Gamification. Im Neurologischen Zentrum der Segeberger Kliniken setzt man auf CUREO, das Virtual-Reality (VR)-Therapiesystem von CUREosity. TT-DIGI sprach mit dem Team über die bisherigen Erfahrungen.

Mithilfe der modernen Technologie und einer VR-Brille taucht der Patient ein in eine imaginäre Welt und steht dort vor verschiedenen spielerischen Herausforderungen. In der Rehabilitation von Patienten mit neurologischen und muskuloskelettalen Einschränkungen soll diese Umgebung zur Bewegung motivieren. CUREO kann individuell an die Fähigkeiten der Patienten angepasst und Fortschritte grafisch dargestellt werden. Es besteht die Option im Rahmen einer Gruppentherapie Patienten parallel zu therapieren.

Der kurze Exkurs zum Produkt verdeutlicht den hohen Aufwand an Entwicklung und Forschung, den es braucht, um Produkte dieser Art anhaltend „einsatzfähig“ zu machen. Da trifft es sich gut, dass die Physiotherapeutin Jule Ecke und ihre Kollegin Ergotherapeutin Anja Kirchner neben ihrer Arbeit mit den Patienten auch zeitliche Kapazitäten als wissenschaftliche Mitarbeiterinnen haben.

Entwicklungsarbeit und Einsatzbereiche

Seit Anfang 2022 verfügen die Segeberger Kliniken über eine durch den Versorgungssicherungsfonds des Landes Schleswig-Holstein geförderte telemedizinisch-gestützte Tagesklinik, in der nach einer etwa einjährigen Vorlaufzeit unter anderem auf CUREO gesetzt wird. Im Einsatz ist das moderne Tool derzeit hauptsächlich bei Schlaganfall- und Parkinson-Patienten.

„Insbesondere in der Anfangszeit gab es einen sehr engen Kontakt mit CUREosity, um das Gerät für den Einsatz zu optimieren“, berichtet Jule Ecke. Der Alltag in der Klinik sei eine besondere Herausforderung. Dabei schätzt sie, dass das Produkt stetig weiterentwickelt wird, um das Ziel einer effektiven Therapie zu erreichen. Für Patienten in der neurologischen Phase C- und D-Rehabilitation wurde ein Konzept entwickelt, das insbesondere die Ansteuerung, Stärkung und Koordination der oberen Extremitäten unterstützen soll. Hier findet die Therapie im Sitzen statt.

Aufgrund der anderen Bedürfnisse für die Arbeit mit Parkinson-Patienten wurden neue Spiele entwickelt. Zudem wird die Therapie mit CUREO dazu im Stand eingesetzt. Inhaltlich wird ein Amplitudentraining mit großen Bewegungen angewendet, das Gleichgewicht und Bewegungsfähigkeit erhalten soll.

Nicht für alle Patienten geeignet

Das Tool wird im 30-Minuten-Takt eingesetzt, wobei die Vor- und Nachbereitung von der Therapiezeit abgeht. Idealerweise tauchen die Patienten mehrmals die Woche ein in die virtuelle Welt. Viele Patienten können mit CUREO arbeiten, aber es gibt Ausschlusskriterien je nach Schweregrad der Einschränkungen.

Dazu zählen beispielsweise nicht-akzeptable Schmerzen im Schultergelenk, starke Subluxation, Verletzungen im Bereich des Kopfes (z.B. Trepanationen, Z.n. Entnahme von Schädeldeckenteilen) und nicht beherrschbare Epilepsie und Krampfanfälle. Zudem sollten ein ausreichendes Aufgabenverständnis sowie die Fähigkeit zum verbalen Feedback gegeben sein.

In der Praxis bewährt

Auf Seiten der Therapeuten seien Vorerfahrungen mit Robotik hilfreich, um mit dem System schnell und sicher arbeiten zu können, meint Anja Kirchner. Zudem biete sich die Begleitung durch einen Supervisor an, um neue Mitarbeiter mit dem System vertraut zu machen. Wie gut läuft das System inzwischen? Nach den notwendigen Anpassungen für Parkinson-Patienten läuft das System inzwischen stabil. Für den optimalen Therapieerfolg komme es auf eine stabile Verbindung der Geräte und die technische Affinität des Therapeuten sowie dessen Erfahrung an, fasst Frau Ecke zusammen.

Patienten sind begeistert

Seitens der Patienten habe es bislang kaum Ablehnung im Einsatz gegeben. Symptome wie Motion Sickness traten nicht auf. Der eigentliche Therapieerfolg sei aufgrund der bisher begrenzt verfügbaren Datenmenge schwer messbar. Aussagekräftiger sei hier eine Studie. Nur bei wenigen Patienten stoßen die Therapeutinnen auf Skepsis. Und dann sei es auch keine Frage des Alters, sondern der Persönlichkeit, insbesondere der Motivation. Die meisten Teilnehmer seien begeistert.

Fazit: CUREO bringt Abwechslung und Motivation

Das Gerät biete eine schöne Abwechslung und halte damit die Motivation hoch. Mithilfe der individuellen Einstellungen sei es möglich, „Patienten bestmöglich zu fordern, aber nicht zu überfordern“, sagt Frau Kirchner. Zudem sei die Therapieeinheit auch eine Ablenkung vom eher tristen Klinikalltag. Aus Sicht der Therapeutinnen lohnt sich der Einsatz von CUREO in der Therapie. Insbesondere wenn man an die Möglichkeit individualisierter Gruppentherapien denkt.

Grundsätzlich ist der Einsatz von CUREO in jeder Reha-Phase denkbar. CUREosity arbeitet bereits an neuen Einsatzfeldern in der Diagnose, der Nachsorge beim Patienten zuhause, in der Gesundheitsvorsorge und Betreuung in Alten- sowie Pflegeheimen. Das Unternehmen steht den Kunden kontinuierlich mit Schulungen und Hilfestellungen zur Seite, bis CUREO passend zur Klinik/Praxis integriert ist.


Jule Ecke (Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Physiotherapeutin B. Sc.) und Anja Kirchner (Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Diplom Ergotherapeutin) arbeiten im Neurologischen Zentrum der Segeberger Kliniken. Insgesamt gibt es 1000 Mitarbeiter und 350 Betten, alle Reha-Phasen können hier abgedeckt werden.

Philipp Hambloch


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