Digitalisierung

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22.12.2022

„Physios müssen neue Wege gehen“

„Physios müssen neue Wege gehen“

Interview zu digitalem Marketing mit Elisa und Kristian Kroth

Von der Theorie in die Praxis: Zum Thema digitales Marketing sprechen wir mit Elisa und Kristian Kroth. Das Duo betreibt das Fitness Family in Koblenz. Seit zwei Jahren ist dort auch die Physiotherapiepraxis Physio Family angegliedert. Die Kroths haben sich für einen sehr aktiven und in der Physiotherapie eher ungewöhnlichen Weg in den Bereichen Marketing und Branding entschieden und sind damit sehr zufrieden.

TT-DIGI: Lieber Kris, die meisten Physiotherapiepraxen können sich über Patientenzulauf nicht beschweren. Warum sind Marketing und Branding dennoch wichtig?

Kris: Die Physiobranche braucht definitiv keine Werbung machen, um neue Patienten zu bekommen. Der Fokus sollte stattdessen auf Mitarbeitern liegen. Wir verfolgen drei Ziele beim Marketing: 1. Eine Positionierung unseres Angebots, 2. Der Physiotherapie ein modernes Image zu verleihen und 3. Uns als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und damit Abhängigkeiten zu vermeiden. Dann habe ich auch keinen Mangel an Fachkräften. Für uns muss das Marketing nicht direkt einen Return of Invest bringen, sondern sich langfristig auszahlen. Vor allem beim Branding braucht es auch Geduld.

Wie fällt eure Zwischenbilanz aus?

Elisa: Seit der Eröffnung der Praxis vor zwei Jahren sind wir kontinuierlich gewachsen und haben alle drei Monate eine Festanstellung umgesetzt. Zu Beginn waren wir zu zweit, nun gibt es zehn Physiotherapeuten und drei Rezeptionskräfte. Wir bekommen monatlich Initiativbewerbungen.

Viele Physiotherapeuten besitzen keine Homepage oder der Webauftritt ist nicht zeitgemäß. Hat man ohne Digitalisierung noch eine Chance?

Elisa: Auch wenn es hart klingen mag, aber hier gilt der Spruch: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Ich habe kürzlich einen Physio kennengelernt, der seit sechs Jahren (!) eine Verstärkung sucht. Dann muss ich neue Wege ausprobieren.

Woran liegt es eurer Meinung nach, dass sich viele Physios mit digitalen Tools so schwertun?

Kris: Es dürfte eine Mischung aus Gewohnheit, Unwissenheit und Hilflosigkeit sein.

Was ist eure Botschaft an diese Gruppe?

Elisa: Traut euch und ändert etwas! Fangt ruhig klein an. Die meisten dürften ein Netzwerk haben oder einen Mitarbeiter, der in den sozialen Medien aktiv ist. Eine gute Website kann ein erster Schritt sein und ist kein großes Invest. Sorgt mit Bildern und Videos dafür, dass ihr gesehen werdet.

Wie sieht euer Marketing-Team aus?

Elisa: Über die Jahre haben wir uns ein Super-Netzwerk aufgebaut und arbeiten mit einem Fotografen und einer Agentur zusammen. Einer unserer Mitarbeiter betreut das Thema in Teilzeit, da haben wir echt Glück.

Wie sieht ein beispielhaftes Video bei euch aus?

Elisa: Persönliche Inhalte funktionieren am besten. Bei uns stellen sich die Mitarbeiter beispielsweise vor, freitags wird eine Übung vorgemacht. Wir berichten auch gern von Events. Umfragen regen Interaktion an. Das beste Element sind Storys.

Welche Kanäle bespielt ihr beim Marketing?

Kris: Alle (lacht). Wir schießen aus allen Rohren und stellen uns breit auf, sind auch bei TikTok. Die Jugendlichen von heute sind potenzielle Mitarbeiter von morgen. Insbesondere ein eigener Podcast ist ein tolles Recruitung-Tool, wenn dort Mitarbeiter über die Eigenschaften des Unternehmens reden. Generell sollte man vorher für sich klären, welche Zielgruppe angesprochen werden soll.

Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist ein weiteres Thema. Ihr seid ganz oben zu finden.

Kris: Auch das ist kein Hexenwerk, man muss nur aktiv sein und die richtigen Knöpfe bedienen. Bei Reichweiten-Analysen sehe ich teilweise die krassen Unterschiede zu Wettbewerbern, die gar nichts machen. Allerdings hat ein gutes Google-Ranking auch Nachteile, da hier regelmäßig Anrufer landen, die eigentlich etwas ganz Anderes wollen (grinst).

Was ist am wichtigsten bei der Umsetzung von Marketing-Inhalten?

Kris: Zunächst sollte man die eigene Marke definieren und dann Ziele für die Außenwirkung festlegen. „Wer auffallen will, muss auffallen“, ist unser Ansatz. Wir machen gern verrückte Sachen und wollen eine Praxis „zum Anfassen“ sein. Dazu ist wenig Technik notwendig, Inspiration holen wir uns bei Social Media. Je affiner die Mitarbeiter dem Thema gegenüberstehen, desto besser. Wir fördern Employer Branding. Wenn ein Mitarbeiter pro Woche eine halbe Stunde dafür investiert, liefert uns das auf Sicht einen Mehrwert.

Wie wichtig ist es, die Inhalte auch zu leben?

Elisa: Das ist elementar. Die Außendarstellung muss zum Innenleben passen. Bei uns wird die Unternehmensphilosophie gelebt. Wir hinterfragen uns regelmäßig: Wer sind wir und wofür stehen wir? Uns ist der regelmäßige Austausch im Team sehr wichtig und es gibt Aktivitäten während der Arbeitszeit. Die Mitarbeiter fühlen sich wertgeschätzt und identifizieren sich mit dem Unternehmen. Physio Family ist fast wie eine Familie.

Was sind eure nächsten Ziele mit Physio Family?

Kris: Der Zuspruch bestärkt uns, den bisherigen Weg weiterzugehen und weiterhin mit verrückten Sachen aufzufallen. Wir freuen uns, wenn die Mitarbeiter uns treu bleiben und wir das Level für die Patienten halten. Dann können wir sehr gern als Familie alt werden.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg dabei!

Das Interview führte Philipp Hambloch.


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