Therapie

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24.08.2023

Mehr Professionalisierung und wissenschaftlicheres Arbeiten?

Mehr Professionalisierung und wissenschaftlicheres Arbeiten?

Solche Forderungen stoßen in der Physiotherapie auf geteiltes Echo. Oft fehlt es im Praxisalltag schlicht an der Zeit – neben der tausendsten Weiterbildung für die Kassenabrechnung oder Notdiensten wegen Mitarbeiterausfällen. Das Beispiel der Physiotherapeutin Nina Metternich aus Mechernich (NRW) zeigt, welche Chancen ein Fokus auf Professionalisierung für die Verwirklichung therapeutischer Ziele bedeutet – und warum es einen beruflich, aber auch persönlich weiterbringen kann.

Nina arbeitete über zehn Jahre als Physiotherapeutin in einem Universitätsklinikum. Seit 2014 behandelt sie in ihrer eigenen Praxis, hat in Osteopathie (DAOM) postgraduiert und ihr Spektrum stetig erweitert. So bildet sie z.B. für Polestar Trainer aus. Sie hält Vorträge über die Effekte von Pilates & Therapie für Verbände, Fortbildungszentren und Krankenhäuser.

„Nebenbei“ hat sie mit einer Kollegin ein Trainingsgerät entwickelt, das in Zusammenarbeit mit SISSEL® vertrieben wird: den SPINEFITTER (spinefitter.com).

Die Physiotherapeutin hat das Trainingsgerät dieses Jahr u.a. auf dem Word Physiotherapie-Kongress in Dubai vorgestellt. „Der Anspruch war hoch wissenschaftlich. So ist man das hierzulande von Therapiekonferenzen nicht gewöhnt! Von einem solchen Austausch nimmt man viel mit in die eigene Praxis. Wissenschaftliche Fakten statt individueller Erfahrungswerte eines einzelnen Lehrers/Ausbilders: Das bringt dich nicht nur therapeutisch, sondern auch persönlich weiter.“

Aktive Maßnahmen als Ergänzung

Wenn die Patienten in die Praxis kommen, haben sie eine lange Reise hinter sich und ein ausgeprägtes Beschwerdebild: „Parallel bieten wir daher Pilates-Kurse zur Prävention an, z.B. neun Präventionskurse zu ‚Pilates für den Rücken‘ jede Woche. Die Teilnehmer akquirieren sich auch aus Patienten, gleichzeitig bringen die Kurse neue Patienten mit sich. Eine Ergänzung, die uns als Praxis stärkt.“

Aus dem Wissen und der Erfahrung heraus, dass für dauerhafte Effekte mehr notwendig ist als ab und zu an einem Kurs teilzunehmen, ist das eigene Trainingsgerät entstanden: „Zusammen mit meiner Kollegin und Shiatsu-Therapeutin Kathrin Zinke, wollten wir ein Tool, das Rückenpatienten mehr gerecht wird als das Liegen auf einer harten Rolle. Wir packten gebrauchte Tennisbälle in die leeren Hosenbeine unserer Töchter. Damit die Patienten auf einer Unterlage platziert sind, auf der auch der Dornfortsatz gleiten kann.“ Für die Älteren ist das auch deswegen besser, weil die Positionierung bei den Übungen nicht so instabil ist.

„Vor rund sechs Jahren haben wir in unseren Kursen angefangen, den Patienten diese „Turnbeutel“ als Alternative anzubieten. Anschließend folgt eine osteopathische Behandlung und die Patienten nahmen ihr Gerät mit nach Hause für ergänzendes Training. Alle Erfahrungswerte haben wir dokumentiert. Dabei wurde insbesondere deutlich, wie effektiv das begleitende Training zuhause sein kann. Bspw. zeigte unser „Turnbeutel“ einen wirkungsvollen punktuellen Druck, der die Tiefenmuskulatur adressiert − anders als flächiger Rollendruck.“

Optimierung des Trainingsgeräts

Erst 24, dann 26, dann 28 Bälle: Das Trainingsgerät wurde weiter optimiert. „Erst für unsere Kurse, ohne den Gedanken, das selbst auf den Markt zu bringen.“ Unterschiedliche Aspekte aus Physiotherapie, Pilates, Osteopathie & Rückentraining kamen so zusammen.

„Dann waren wir an den Punkt, an dem wir selbst nicht noch mehr nähen konnten und die meisten Patienten ihren „Beutel“ auch gar nicht mehr zurückgeben, sondern lieber kaufen wollten. Da wurde klar: Wir haben eine gute Basis für ein eigenes Produkt! Mit unserem handgebauten „Turnbeutel“ sind wir an SISSEL herangetreten und haben das Thema zusammen professionalisiert. Damit beispielsweise das Schulterblatt sauber aufliegt (auch bei zarterem Körperbau) – sind die jetzigen Bälle schmaler als Tennisbälle geworden.“

Praxisbeobachtungen wissenschaftlich hinterfragen

Im Rahmen einer eigenen EffektStudie zeigte sich u.a., dass es bei Rückenpatienten wertvoll ist, die Facettengelenke auch in Flexion öffnen zu können. Deswegen wurden entsprechende Übungen mit dem SPINEFITTER in die Kurse integriert. Eine Übersicht zu den Studiendaten gibt es hier: https://t1p.de/245m1

„Heute wissen wir, wo wir künftig optimieren wollen. So wäre es z.B. aussagekräftiger, wenn die Vergleichsgruppe identische Übungen ohne das untersuchte Trainingsgerät absolviert. In diesem Stil wird es eine Studie mit Skoliose-Patienten geben, auch eine Lymphstudie ist angedacht.“

Nina war in den vorigen zwei Jahren auf vielen Messen: „Oft habe ich von Therapeuten gehört: Mensch, so eine Idee hatten wir auch schon mal. Ich kann jetzt aus eigener Erfahrung nur sagen: Traut euch, eure Praxiserfahrungen in eigene Innovationen umzusetzen und wissenschaftliche Methoden zur Professionalisierung einzusetzen!“

Sabine Mack


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