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18.12.2020

Ein Blick auf die Entwicklung des Isokinetischen Trainings

Ein Blick auf die Entwicklung des Isokinetischen Trainings

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Die Geschichte der Isokinetik geht weit zurück in die 1960er Jahre und ist eng mit den amerikanischen Firmen CYBEX und Biodex verbunden

Die Isokinetik ist tot, es lebe die Isokinetik!

Ich weiß nicht, ob Sie diesen Spruch kennen, er geht zurück auf Monarchien und den Umstand, dass der eine Regent gegangen bzw. gestorben ist, das Volk aber auch die Sicherheit haben soll, dass es einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin gibt. Und ich finde, das trifft den Nagel ziemlich gut beim Thema Isokinetik.

Die Geschichte der Isokinetik geht weit zurück in die 1960er Jahre und ist eng mit den amerikanischen Firmen CYBEX und Biodex verbunden. In den USA fanden die Geräte schon viele Jahren Anwendung, bevor die Welle der isokinetischen Test- und Trainingssysteme auch in Deutschland ankam.

In den 1980er und 1990er Jahren war die Methode Isokinetik in der Diagnostik und der Therapie von orthopädisch-traumatologischen Patienten fest etabliert. Vor allem in den ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen von Sportlehrern oder Sporttherapeuten (heute Diplomsportwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Rehabilitation und Prävention) genutzt, sind sie seitdem nicht mehr aus der medizinischen Trainingstherapie wegzudenken. Aber auch Olympiastützpunkte und Leistungszentren des Sports nutzen die Geräte zur Leistungsermittlung, zum Training und zur Therapie.

Aber was ist eigentlich Isokinetik?
Der Begriff stammt aus dem Griechischen: Die Vorsilbe „Iso“ wird mit der Bedeutung „gleich“ und „kinetikos“ mit „die Bewegung betreffend“ übersetzt. Hier ist die gleichbleibende Bewegungsgeschwindigkeit (exakter: Winkelgeschwindigkeit) während des Tests bzw. des Trainings gemeint. Mithilfe der Isokinetik können Muskelaktionen der beugenden und streckenden Muskulatur in einem Übungsaufbau unter standardisierten Bedingungen registriert werden.
Die Diagnostik ist somit zur Einschätzung des neuromuskulären Funktionsstatus besonders geeignet und ermöglicht die Objektivierung, Verlaufskontrolle und Steuerung des Trainings. Mithilfe isokinetischer Systeme lassen sich Kraft-, Arbeits- und Leistungswerte im konzentrischen und exzentrischen Modus erfassen und Muskelkraftverhältnisse ermitteln. Besonders wertvoll sind die Aussagen im Zusammenhang mit einem Rechts-Links-­Vergleich der Extremitäten (gerade auch bei Verletzungen) oder der Rumpfmuskulatur und bei der Einordnung von antagonistisch wirkenden Muskelgruppen ­(Beuger/Strecker).

Kann man Isokinetik abrechnen?
Es gab eine Zeit, da setzten viele Ärzte die Systeme zur genaueren Diagnostik und vor allem zur besseren Bestimmung von Therapie- und Trainingsplänen ein. Ihnen steht immer noch bei der Abrechnung ihrer Leistungen (für Privatpatienten oder Selbstzahler) die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zur Verfügung, die unter den Kennziffern 842 „Apparative isokinetische  Muskelfunktionsdiagnostik“ (ca. 100 EUR bei 3,5-fachen Hebungssatz) und Kennziffer 558 „Apparative isokinetische Muskelfunktionstherapie“ (ca. 17,50 EUR bei 3,5-fachen Hebungssatz) vorgesehen haben. In den ambulanten und stationären Rehabilitationszentren sieht die separate Abrechnung schon schwieriger bzw. schlechter aus. Hier sind bei einem Test für die Berufsgenossenschaften (so genannter BG-Report) noch knapp 15 EUR „drin“.

Quo vadis Isokinetik?
Ohne Zweifel besitzt die Isokinetik nach wie vor einen bedeutenden Stellenwert in der Therapie, aber auch beim Training und der Diagnostik im Leistungssport. Des Weiteren haben sich auch in der arbeitsplatzbezogenen Rehabilitation neue Tools beziehungsweise Adapter bewährt. Es gibt viele Isokineten: Ca. 850 Systeme wurden in den letzten 30 Jahren allein in Deutschland installiert. Davon sind mindestens die Hälfte auch noch ‚am Leben‘ und dienen nicht nur als Zulassungsgerät für die Unfallversicherer/Berufs­genossenschaften.
Die Lobby und Poleposition der Isokinetik ist definitiv vorbei, heute kann man auch Trainings­geräte nutzen mit integrierten Testverfahren oder man installiert andere Testsysteme ‚All in One‘.

Die Isokinetik-Community
Wer heute noch Isokinetik verwendet, der ist ein Fan. Wer heute noch Isokinetik verwendet, der bezieht Position für seine eigene Positionierung, aber auch für die Sportwissenschaft und die Sportmedizin. Wer heute noch die Systeme einsetzt, der will auf dem Gebiet der Rehabilitation herausragende Ergebnisse erzielen für seine Patienten und der hat Verbindung zum Sport und weiß, dass die Vielseitigkeit in Analyse, Therapie und Training der Isokineten unerreicht bleibt und dies auch dem Olympiastützpunkt oder dem Leistungszentrum im Spitzensport nicht unerkannt bleibt.
Wer heute noch Isokinetik einsetzt, der will aber auch Teil einer Community sein, einer aktiven TaskForce, die sich nicht (nur) nach den Regularien der Leitungsträger richtet, sondern die Ergebnisse – und zwar hervorragende – erzielen will. Ganz meiner Maxime, Nutzenoptimierung bringt automatisch Gewinnoptimierung, aber das nur nebenbei…
Auch deshalb werden verstärkt Alternativen zu den amerikanischen Systemen aus deutscher Produktion gesucht:  schnelleres Reagieren, günstigerer Service und Ersatzteile, deutsche Handbücher und Schulungen, sichere Ansprechpartner im Land – das alles sind Vorteile der deutschen Hersteller.

Summary und Ausblick
Nie waren die isokinetischen Test- und Trainingssysteme ausgereifter und technisch hochwertiger als heute. Die Anzahl der Nutzer hat sich nur gelinde verringert, die Qualität ihrer Arbeit deutlich erhöht. Die European Interdisciplinary Society (www.eiscsa.com), die aus der European Isokinetic Society hervorgegangen ist, bietet allen Interessierten eine wissenschaftliche und organisatorische Plattform, um in Zukunft wieder stärker den inhaltlichen Gewinn durch die Arbeit mit der Isokinetik zu verdeutlichen und dadurch auch auf politischer Ebene „Gehör zu finden“.
Die Firma Stolzenberg, die exklusiv den aus Deutschland von der Firma TUR produzierten ISOFORCE vermarktet, hat in diesem Jahr 2020 eine Workshop-Reihe initiiert, die den Aufbau einer ‚neuen‘ Iso­kinetik- Community zum Ziel hat.
Alles in allem sehr positive Anzeichen, dass die Isokinetik weiterleben wird und sich prosperierend entwickelt. Diesmal nicht per Ziffer aus einer Gebührenordnung heraus oder weil es Zulassungsvoraussetzung für die Reha ist, diesmal aus dem sehr guten therapeutischen und diagnostischen Gefühl heraus, etwas Wichtiges dem Patienten und Sportler nicht vorenthalten zu können.
Thomas Kotsch


Bildunterschrift:
››› Isokinetik kann bei der Diagnostik eingesetzt werden


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