Training

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20.07.2023

Der schleichende Muskelschwund

Der schleichende Muskelschwund

Sarkopenie mit Training und Ernährung vermeiden

Die Sarkopenie ist ein medizinischer Begriff, der den altersbedingten Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft beschreibt. Sie tritt häufig bei älteren Menschen auf, kann aber auch bei jüngeren Menschen vorkommen (z.B. nach längerer Inaktivität oder aufgrund bestimmter Krankheiten).

Was ist Sarkopenie?

Die Sarkopenie entwickelt sich oft schleichend und wird oftmals erst erkannt, wenn bereits ein massiver Muskelabbau stattgefunden hat. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig, das Ziel des Muskelaufbaus und der verbesserten Stabilität schnellstmöglich zu verfolgen. Bei älteren Menschen gestaltet sich dies z.T. schwierig, da höhere Trainingsintensitäten erforderlich sind, die möglicherweise den Einsatz von schweren Gewichten voraussetzen. In solchen Fällen ist es ratsam, geeignete Übungen von Fachpersonal durchzuführen. Auch die Elektromyostimulation (EMS) kann eine nützliche Ergänzung zur Therapie und zum Training für Menschen mit Sarkopenie sein.

Seit dem 1. Oktober 2016 hat die Sarkopenie gemäß der ICD-10-GM Version 2018 M 62.50 einen eigenen medizinischen Code erhalten. Dadurch wurde die Bedeutung dieses geriatrischen Syndroms im Bereich Therapie und Medizin deutlich erhöht. Es ist nun auch möglich, eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen, bei der Diagnose Sarkopenie zu beantragen. Betroffene sind heufig auch anfälliger für Stürze und Verletzungen. Deswegen ist eine Sturzprofilaxe durchaus hilfreich. Aufgrund der demografischen Entwicklung mit einer wachsenden Zahl älterer Menschen wird die Sarkopenie in Industrienationen, insbesondere nach Zeiten der Bewegungseinschränkung, wie während der Pandemie, eine zunehmende Rolle spielten. Auch nach längerer Inaktivität, beispielsweise nach Verletzungen oder Unfällen, besteht ein erhöhtes Risiko für Muskelabbau, selbst in jüngerem Alter. Die Arbeitsplatzsituation mit hoher Anzahl an sitzender Tätigkeit tut hier ein übriges.

Vorteile durch regelmäßiges Training

Der Begriff "Sarkopenie" wurde 1988 von Irwin H. Rosenberg auf einer Konferenz in Albuquerque, New Mexico geprägt und hat in den letzten Jahren auch im Bereich Training und Therapie zunehmend an Bedeutung gewonnen.

Welchen Vorteil bietet ein regelmäßiges Training zur Vermeidung von Sarkopenie oder als Therapiemaßnahme?

  1. Muskelaufbau: Durch gezieltes Krafttraining können die Muskelmasse und die Muskelkraft bei Sarkopenie wieder aufgebaut werden. Dies hilft, den Muskelabbau zu verlangsamen oder (auch bis ins hohe Alter)  umzukehren.
  2. Verbesserte Stabilität: Ein Training, das vor allem auf Körper-Stabilität abzielt, kann die Gleichgewichtsfähigkeit verbessern und das Risiko von Stürzen und Verletzungen verringern. Dies ist besonders wichtig für ältere Menschen, bei denen Sarkopenie häufig auftritt.
  3. Verbesserung der täglichen Aktivitäten: Durch den Aufbau von Muskelmasse und Muskelkraft wird es den Betroffenen leichter fallen, alltägliche Aufgaben wie Gehen, Treppensteigen, Heben von Gegenständen usw. ohne Einschränkungen durchzuführen. Dies führt zu einer besseren Unabhängigkeit im Alltag und zu einer erhöhten Lebensqualität.
  4. Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit: Krafttraining und regelmäßige körperliche Aktivität können sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirken. Dies kann das Risiko von Herzkrankheiten, Bluthochdruck und anderen kardiovaskulären Problemen verringern.
  5. Steigerung der Lebenserwartung: Studien haben gezeigt, dass eine gute Muskelmasse und Muskelkraft mit einer längeren Lebenserwartung in Verbindung gebracht werden können. Ein Training des Körpers bei Sarkopenie kann daher dazu beitragen, die Lebenserwartung zu verbessern.

Die Verwendung von Elektromyostimulation (EMS) als Ergänzung zum Training kann ebenfalls von Vorteil sein. EMS ermöglicht ein intensives und gezieltes Training aller Muskelgruppen, einschließlich tiefer liegender Muskeln. Es hat sich als effektive Unterstützung in der Therapie von Sarkopenie gezeigt und findet in der Medizin und Therapie zunehmend Anwendung.

Insgesamt bietet ein Training des Körpers bei Sarkopenie eine Vielzahl von Vorteilen, einschließlich des Aufbaus von Muskelmasse und -kraft, der Verbesserung der Stabilität, der Erleichterung täglicher Aktivitäten, der Förderung der kardiovaskulären Gesundheit und der potenziellen Steigerung der Lebenserwartung.

Beim Training von Personen mit Sarkopenie, insbesondere bei älteren Menschen, sollten folgende Punkte beachtet werden:

  1. Stabiler Stand: Wählen Sie Übungen, bei denen die Kunden/Patienten einen stabilen Stand haben oder sich irgendwo festhalten können, um das Gleichgewicht zu halten.
  2. Stehen oder Sitzen: Bevorzugen Sie Übungen im Stehen oder Sitzen, um Bodenkontakt und häufige Positionswechsel zu vermeiden und die Sicherheit beim Training zu gewährleisten.
  3. EMS-Anwendung: Wenn EMS eingesetzt wird, stellen Sie sicher, dass die Impulse bei Problemen sofort abgeschaltet werden können.
  4. Anwesenheit eines qualifizierten Trainers: Führen Sie das Training oder die Therapie immer unter Aufsicht eines qualifizierten Trainers durch, der jederzeit eingreifen kann und eine optimale Unterstützung bietet.
  5. Begrenzung von Zusatzmaterialien: Vermeiden Sie den Einsatz von zu viel Zusatzmaterial, damit sich die Kunden besser auf die Übungen konzentrieren können.
  6. Pausen zwischen den Einheiten: Planen Sie ausreichend Pausen zwischen den Trainingseinheiten ein, um die Konzentration der Kunden aufrechtzuerhalten.
  7. Nährstoffversorgung: Beachten Sie die optimale Versorgung der Kunden mit Nährstoffen, insbesondere hochwertigem Eiweiß, um weiteren Muskelabbau zu vermeiden, und ermutigen Sie sie, während des Trainings ausreichend Wasser zu trinken.

Übungsbeispiel

Ein Beispiel für eine Übung zur Stabilität ist der seitliche Wiegeschritt in den Einbeinstand, Teil des Bewegungsprogramms "Fünf Esslinger", entwickelt von Dr. med. Martin Runge:

Durchführung:

  1. Ausgangsstellung: Stehen Sie aufrecht mit leichter Grätschstellung, die Füße stehen mehr als schulterbreit auseinander und die Fußspitzen zeigen nach vorne.
  2. Verlagern Sie das Gewicht seitlich auf ein Bein, das seitlich gestreckt bleibt.
  3. Wechseln Sie zur anderen Seite und wiederholen Sie den Wechsel auf die dritte Seite.
  4. Halten Sie jede Position für 4 Sekunden.
  5. Wiederholen Sie den gesamten Ablauf, indem Sie wieder auf die erste Seite wechseln, dann auf die zweite und dritte Seite.
  6. Führen Sie dies insgesamt 8 Mal zu jeder Seite durch.

Diese Übung verbessert die Balance, trainiert die Stabilität und kann gleichzeitig als Test zur Einschätzung der Stabilität dienen.

Es ist wichtig, dass das Training von Personen mit Sarkopenie individuell an deren Fähigkeiten und Bedürfnisse angepasst wird. Daher wird empfohlen, eine fachkundige Betreuung und Anleitung durch einen qualifizierten Trainer oder Therapeuten sicherzustellen.

Die vorgeschlagene Übung, der seitliche Wiegeschritt in den Einbeinstand, zielt darauf ab, eine Ganzkörper-Anspannung zu erreichen und alle großen Muskelgruppen einzubeziehen. Durch die Anspannung der Muskelgruppen wird ein Ganzkörper-Kräftigungseffekt erzielt. Es ist wichtig, die Endposition der Übung für mindestens 4 bis maximal 5 Sekunden zu halten und dann zur anderen Seite zu wechseln. Diese Übung kann auf verschiedenen Schwierigkeitsstufen durchgeführt werden, und falls nötig, kann sich der Kunde oder Patient zu Beginn an einem Gegenstand festhalten, um die Stabilität zu unterstützen. Sie dient auch der Überprüfung der Stabilität und der Sturzprävention.

Regelmäßiges und sinnvolles Training ist bei Sarkopenie von großer Bedeutung, um den Muskelabbau zu reduzieren, zu verlangsamen und aufzuhalten, insbesondere da der Knochenabbau im Alter häufig muskulär bedingt ist.

Ernährung: Auf Proteine achten

In Bezug auf die Ernährung ist die biologische Wertigkeit von Eiweißen relevant, insbesondere bei Sarkopenie. Die biologische Wertigkeit gibt an, wie effizient der Körper Körpereiweiß aus aufgenommenem Fremdeiweiß aufbauen kann. Tierisches Eiweiß weist in der Regel eine höhere biologische Wertigkeit auf als pflanzliches Eiweiß. Die Kombination verschiedener Eiweißquellen kann die biologische Wertigkeit erhöhen, da sich die Aminosäuren ergänzen und aufwerten können.

Beispiele für gute tierisch-pflanzliche Eiweiß-Kombinationen sind Salat mit Fleisch, Gemüse mit Fisch, Eier mit Süßkartoffeln und Obst mit Mandelmilch. Lebensmittel mit einem hohen Eiweißanteil sind Nüsse, Mandelmehl, Kokosmehl, Leinsamenmehl, Fleisch (wie Lamm, Wild, Pute, Hähnchen und Rind, vorzugsweise aus Bioaufzucht), Fisch (insbesondere Seefisch) sowie Eier aus Freilandhaltung oder Bioaufzucht.

Stephan Müller


Stephan Müller ist Vorstand des Bundesverbandes Personal Training. Zusätzlich ist er monatlich Live als Experte für ARD und SWR Fernsehen und Radio im Einsatz. Der Inhaber des GluckerKollegs betreut seit über 25 Jahren zahlreiche Olympiasieger, Weltmeister und Top-Sportler aus der Bundesliga.

Mittlerweile hat er mehr als 10 Fachbücher veröffentlicht. Seine umfassende Expertise macht ihn international zu einem Fitness-Spezialisten und Wegbereiter

 


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