Therapie

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22.04.2024

Das arthrotische Kniegelenk

Das arthrotische Kniegelenk

Knieverletzungen Teil 3: Gonarthrose

Arthrose ist die häufigste Gelenkerkrankung der Welt und kann in nahezu allen Gelenken des menschlichen Körpers auftreten. In erster Linie sind darunter Veränderungen zu verstehen, die im Sinne von Anpassungsreaktionen auf Belastungsreize ausgelöst werden. Bei der Gonarthrose ist das Kniegelenk betroffen.

Gelenke, Muskeln, Bänder und Faszien werden in Alltag und Sport benutzt und belastet. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind Anpassungsreaktionen erforderlich und dazu noch völlig normal. Ein lebender Organismus passt sich den Bedingungen an. Wenn nun allerdings ausgleichende Aktivitäten fehlen und im Alltag immer wieder dieselben monotonen Belastungen auftreten, ist eine ungünstige Entwicklung dieser Anpassungsreaktionen nicht auszuschließen.

Gelenk in verändertem Zustand

Wenn die Wortbedeutung von Arthrose betrachtet wird, handelt es sich um zwei Wortblöcke: Arthron = Gelenk, -ose = anderer Zustand. Bei einer Arthrose handelt es sich also rein der Wortbedeutung nach um ein Gelenk in einem veränderten Zustand. Diesen Zustand kann man unter anderem mit sogenannten bildgebenden Verfahren (Röntgen, MRT) untersuchen und beurteilen. Allerdings sagt ein Bild noch nichts über eventuell bestehende Symptome aus und einen Zusam - menhang kann man daraus auch nicht direkt ableiten.

Bei Arthrose gibt es verschiedene Spielarten. Es gibt Menschen mit sehr deutlich erkennbaren Veränderungen und vergleichsweise geringen bis gar keinen Symptomen. Dem gegenüber stehen Menschen mit geringen Veränderungen und sehr starken Symptomen. Daran ist erkennbar: zwischen einem Röntgenbild und der symptomhaften Realität liegen manchmal Welten.

Gelenk und Knorpel betroffen

Arthrose ist also eine häufige auftretende Erscheinungsform von Veränderungen am Bewegungsapparat, die das Gelenk - und dort die Knorpelschicht - betrifft. Unter einer arthrotischen Veränderung verstehen wir heute eigentlich eher eine Anpassungsreaktion des Körpers auf Belastungsreize. Das bedeutet, ein arthrotisch verändertes Gelenk hat nicht mehr die normale Form und auch eine veränderte Funktion. Mit der Arthrose können unter anderem typische Arthrose-Symptome auftreten:

  • ››› Bewegungseinschränkungen
  • ››› Schwellungsneigung (evtl. auch Entzündungsneigung)
  • ››› Schmerzen
  • ››› Formveränderungen der großen Gelenke

Es gibt grundlegend zwei Erscheinungsformen von Osteoarthrose

1. Regenerative Arthrose

Dazu zählen kleinere Veränderungen am Gelenkknorpel, die evtl. auch wieder reversibel sind. Diese Veränderungen können von unserem Körper oft wieder ausgeglichen werden und hinterlassen meist keine bleibenden Krank - heitszeichen. Bei diesen Veränderungen nehmen wir meist nur kleine Unannehmlichkeiten wie z.B. ein Gelenkreiben oder ein vorrübergehendes Gelenkknacken oder etwas Spannung in der umgebenden Muskulatur beim Bewegen wahr. Manchmal treten auch zeitlich begrenzt geringe Schmerzen auf, die aber in den meisten Fällen wieder völlig verschwinden.

2. Degenerative Arthrose

Darunter versteht man einen fortschreitenden Prozess an Veränderungen und einer kontinuierlichen geringgradigen Entzündung der Gelenkinnenhaut mit einem zunehmenden Abbau von Gelenkknorpel. Dieser beinhaltet längere schmerzhafte Episoden mit deutlicher Bewegungseinschränkung und auch bleibenden funktionellen Defiziten. Begünstigend für das Entstehen von arthrotischen Veränderungen an den Gelenken sind unter anderem einseitige Körperhaltungen in Beruf und Freizeitgestaltung, immer wiederkehrende Spitzenbelastungen einzelner Gelenke, einseitige sportliche Aktivitäten (v.a. Leistungssport) oder zu intensive Belastungen in einem etwas desolaten Trainingszustand.

Wie Arthrose entsteht

Arthrose entsteht durch eine dauerhafte geringgradige Gelenkentzündung, einen proentzündlichen Zustand des Körpergewebes, ungünstiger Ernährung (zu viel Zucker, zu wenig Flüssigkeit) und einseitige Belastungen ohne Ausgleich. Teil dieser Gelenkentzündung sind immer wiederkehrende Schwellungen. Diese sorgen für erhöhten Druck – dieser wiederum für vermehrte Schmerzreize. Schonhaltungen und Ausweichmechanismen begünstigen einseitige Belastungen und Bewegungsmangel. Diese Lebensführung begünstigt wiederum entzündliche Situationen. So schließt sich der Arthrosekreis an dieser Stelle.

Das Kniegelenk ist eines der am häufigsten von Arthrose betroffenen Gelenke des Körpers und zeigt in einer akut arthrotischen Situation oft folgende Symptome:

  • ››› Morgendliche Anlaufschmerzen und Steifigkeiten
  • ››› Bewegungseinschränkung (vor allem das Anbeugen wird schmerzhaft eingeschränkt)
  • ››› Schwellungsneigung bei Belastung
  • ››› Schmerzen bei Belastungen nehmen zu
  • ››› Zunehmende Belastungsintoleranz.

Durch einen hohen Grad an Entzündung wird die Qualität der körpereigenen Schmierstoffe (Lubrikation) reduziert und die Gelenkoberfläche verliert ihren wirkungsvollsten Schutzmechanismus. Adhäsionskräfte nehmen in der Folge zu und belasten den Gelenkknorpel ungünstig.

Druck und Zug im Gelenk

Der Gelenkknorpel ernährt sich durch ein ausbalanciertes Wechselspiel von Druck und Zug. Diesen Wechsel zwischen Be-, und Entlastung gewährleisten wir durch Bewegung und sportliche Belastung. 

Durch die dabei entstehenden mechanischen Reize kommt es im Gelenk zu einer besseren Verteilung von Schmierstoffen (synoviale Flüssigkeit). In dieser Flüssigkeit werden wichtige Nähr-, und Baustoffe für den Gelenkknorpel transportiert. Auch auf die Qualität (Schmierfähigkeit) der körpereigenen Gelenkflüssigkeiten kann durch Bewegung, Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr Einfluss genommen werden.

Herrschen dauerhaft große Druckkräfte, verliert der Gelenkknorpel Flüssigkeit, wird spröde, rissig und damit auch verletzungsanfällig. Unter Entlastung kann der Gelenkknorpel wieder Flüssigkeit und damit Nähr-, und Baustoffe aufnehmen. Optimale Bedingungen für einen Gelenkknorpel herrschen also dann, wenn sich Druck und Zug im Gelenk gleichmäßig abwechseln. Kommt dieses Verhältnis aus dem Gleichgewicht, entstehen Störungen.

Behandlung durch Bewegung und Training

Bewegung und Training sind demnach die vorrangigsten Mittel in der Behandlung von Arthrose und diese finden sich auch in allen medizinischen Leitlinien wieder. Darin ist Bewegungstherapie und Training als sogenannte „First Line“ Empfehlung aufgeführt. Der wichtigste Schritt besteht in einer individuell angepassten und auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnittene Bewegungstherapie. Damit wird das optimale Verhältnis zwischen Be-, und Entlastung durch ausreichende Bewegungsreize, wieder hergestellt und die Muskulatur gestärkt. Bereits im therapeutischen Training sollte die Belastung konsequent gesteigert werden. Nur so lassen sich kontinuierliche Anpassungen auslösen und bestehende Bewegungseinschränkungen reduzieren.

Schmerzmedikation

Um die durch die Arthrose assoziierten Schmerzen zu kontrollieren, kann eine vorübergehende Schmerzmedikation aufgebaut werden. Diese sollte jedoch im weiteren Verlauf durch Bewegungsreize ergänzt werden. Im Normalfall sind hier sogenannte „nicht-steroidale-Antirheumatika“ wie beispielsweise Paracetamol, Voltaren oder Diclofenac ausreichend. Gegebenenfalls kann auch eine Cortison-Injektion verabreicht werden, um die entzündliche Gelenk - situation aufzulösen.

Intraartikuläre Injektionen

Das Einbringen einer Ersatzflüssigkeit in den Gelenkraum (meist wird hierzu Hyaluronsäure als Schmiermittel verwendet), stellt ebenfalls eine gängige Vorgehensweise dar. Bei hartnäckigen arthrotischen Beschwerden kann eine Injektionstherapie vom Orthopäden eingeleitet werden. Dabei wird Hyaluronsäure in den Gelenkspalt eingebracht, der für eine bessere „Schmierung“ des Gelenkknorpel sorgt und dort mechanische Reibung (die bei Bewegung entsteht) reduziert. So kann das Gelenk reibungsfreier und damit evtl. auch schmerzfreier bewegt werden. Aber auch danach sollte ein kontrolliertes Bewegungsprogramm auf - gebaut werden, um die Gelenksituation durch eine verbesserte Mobilität und kräftige Muskeln weiter zu optimieren.

In den meisten Fällen können mit einer gezielten Physiotherapie und einem individuell abgestimmten Training ausreichende Verbesserungen erzielt werden. In hartnäckigen Fällen von anhaltenden Schmerzen und deutlich eingeschränkter Lebens - qualität können auch operative Maß nahmen eingesetzt werden. Diese reichen im Ernstfall von einer Knorpeltransplantation bis hin zum Gelenkersatz.

Kay Bartrow

Bild: ©Shutterstock.com_1646579656


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