Ernährung & Gesundheit
04.07.2024
BGF im Büro
Maßnahmen für die Gesundheit
Brainlab in München ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Medizintechnik und Informationstechnologie mit eigenem Fitness-Studio im Haus. Denn ein Faktor der Mitarbeiterbindung können durchaus auch Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Mitarbeitenden sein, worauf dieser Global Player mit hochqualifizierten Gesundheitsexperten gezielt achtet.
Nachgewiesenermaßen belastet körperliche Inaktivität den Körper. Das Prinzip „Use it or loose it“ führt dazu, dass wichtige Körperfunktionen auf Dauer verkümmern, wie Ariane Reimer, Manager Corporate Health & Fitness bei Brainlab AG, feststellt. TT-DIGI sprach mit ihr über die Maßnahmen, die sie und ihr Team im Unternehmen umsetzen.
TT-DIGI: Können Sie darauf eingehen, weshalb Bewegungsangebote in Unternehmen wichtig sind?
Ariane Reimer: Heutzutage haben im Schnitt 8 von 10 Menschen im Lauf ihres Lebens Rückenschmerzen – weltweit die Hauptursache für Arbeitsunfähigkeit. Meiner Meinung nach liegt die Hauptgefahr des zu vielen und langen Sitzens für das Individuum darin, Lebensqualität und vor allem Lebensenergie zu verlieren. Das Leben findet nicht auf dem Stuhl oder auf dem Sofa statt, sondern in Bewegung und unter Menschen. Unternehmen müssen umdenken und deutlich mehr Bewegungsangebote direkt vor Ort schaffen, um die Krankenquote – und damit Kosten durch Arbeitsunfähigkeit – langfristig positiv zu beeinflussen. Wir sind an einem Punkt, an dem bisherige Strukturen und Angebote in den meisten Unternehmen nicht mehr effizient und ausreichend sind.
Was setzen Sie in Ihren BGF-Konzepten um?
Ganz nach dem Motto von Gray Cook „Bewege dich gut, bewege dich oft“, bieten wir unseren Kollegen direkt vor Ort diverse Sportangebote im betriebsinternen Functional Training Gym an. Mein Team – bestehend aus Sportwissenschaftlern – und ich betreuen die Mitarbeitenden individuell und/oder in Gruppentrainings. Neben funktionalen Kraft- und Mobilisationseinheiten legen wir viel Wert auf Cardio- und Body&Mind-Training, wie Yoga und Pilates. Bei uns dürfen und sollen die Mitarbeitenden 1 Stunde pro Woche während der Arbeitszeit gemeinsam mit ihren Kollegen trainieren und sich stark machen.
Wie motivieren Sie die Mitarbeitenden?
In regelmäßigen Abständen fordern wir sie dazu auf, an betriebsinternen Gesundheits-Challenges teilzunehmen: Für 1 Monat nur noch die Treppen zu laufen, statt den Aufzug zu nutzen. 10.000 Schritte am Tag zu gehen und so viele km wie möglich zu radeln. Jede Stunde soll eine kurze 2- bis 4-minütige Bewegungspause eingelegt werden.
Gibt es parallel Konzepte seitens des Unternehmens?
Die Büros sind so konzipiert, dass es nur einen Mülleimer pro Raum und nur ein paar wenige Drucker pro Etage gibt, sodass das Sitzen in regelmäßigen Abständen unterbrochen werden muss. Bei uns ist es zudem üblich, nach dem Mittagessen eine Runde um den Messe-See zu gehen. Unsere Maßnahmen und auch die vom Unternehmen geschaffenen Rahmenbedingungen führen dazu, dass wir eine Beteiligung von über 90% der Belegschaft haben.
Was sollte ihrer Meinung nach generell in einen Büroalltag integriert werden?
Primär gilt immer: So wenig sitzen wie möglich. Meetings können beispielsweise auch im Gehen gehalten werden. Wenn wir sitzen, dann sollten wir unsere Körperhaltung immer wieder checken und aufrichten. Ich bin zudem ein großer Fan von Steharbeitsplätzen, die allen Mitarbeitenden ermöglicht werden sollten. Spontane und initiierte Bewegungspausen, tägliche Mobilisation aller Gelenke, angeleitete „Aktive Pausen“, zentrale Mülleimer, nur wenige Drucker verteilt im Gebäude und die Nutzung von Treppen statt Aufzügen könnten wertvolle Hacks im Berufs alltag sein oder werden.
Welchen Mehrwert bringt das ganz allgemein einem Unternehmen?
Unternehmen müssen ihre Mitarbeitenden über die Folgen des zu vielen und falschen Sitzens aufklären, Bewegungsangebote direkt vor Ort schaffen und sie zu mehr Bewegung direkt und indirekt motivieren. Es ist nämlich nachgewiesen, dass körperliche Aktivität kreatives Denken, Innovation und optimale kognitive Funktionen fördert und dass Inaktivität unser Gehirn auf Dauer verkümmern lässt.
Geben Sie Übungen mit an die Hand, die auch zu Hause im Privatleben umgesetzt werden können?
Selbstverständlich. Bei uns lernen die Teilnehmenden, sich viel und vor allem gut zu bewegen. Uns geht es hauptsächlich darum, Schmerzen zu reduzieren, präventiv zu arbeiten und sie für den Nutzen des Trainings zu sensibilisieren. Durch die Nachahmung alltagsüblicher Bewegungen und das Training von Bewegungen anstatt einzelner Muskelgruppen, machen sich unsere Teilnehmenden fit und stark für die Herausforderungen des Alltags und verbessern dadurch auch die Qualität ihres Berufsalltags.
Können Sie das anhand eines Beispiels belegen?
Innerhalb der letzten acht Jahre haben wir sehr viele Erfolgsstorys erleben und mitfeiern dürfen. Mir berichtete beispielsweise ein Kollege davon, dass er in regelmäßigen Abständen Spritzen von seinem Orthopäden aufgrund seiner Rückenbeschwerden erhalten hatte. Nach nur wenigen Wochen konsequenter Teilnahme an den wöchentlichen Trainingseinheiten bei uns im Gym, konnte er langfristig und vollständig darauf verzichten. Sie können sich sicherlich vorstellen, wie viel mehr Lebensqualität und Selbstwirksamkeit er spürte.
Welche persönlichen Erfolgserlebnisse haben Sie?
Bei uns im Unternehmen arbeiten viele IT-Fachkräfte, die vor unserem Dasein und nach eigenen Aussagen, noch nie zuvor ein Fitness-Studio betreten haben und dementsprechend kaum Erfahrung damit gehabt haben. Zu sehen, dass sie mittlerweile regelmäßig, total motiviert und mit soliden Kenntnissen zum Training kommen, erfüllt mich und mein Team mit sehr viel Sinn und Freude für unseren Job. Ich könnte noch viele andere Beispiele anfügen, möchte aber gerne betonen, dass der Weg das Ziel ist und immer sein sollte. Die große Veränderung kommt in kleinen Schritten: Das Gefühl, dass sich nach dem Training und nach einigen Wochen einstellt, die verbesserte Leistungsfähigkeit und die sich daraus ergebende Lebensqualität, das sollten die wahren Antreiber sein.
Besten Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Reinhild Karasek.
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